Tarifkonflikt bei der Bahn:Lokführer verschärfen wieder den Ton

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Widersprüchliche Aussagen von der GDL: Gewerkschaftsvize Weselsky sagt, es werde bis Februar keine Arbeitsniederlegungen geben. Eine GDL-Sprecherin hält neue Streiks noch im Januar für möglich. Die Bahn beziffert die durch die bisherigen Arbeitskämpfe entstandenen Einbußen mit 150 Millionen Euro.

D. Esslinger, M. Bauchmüller und K. Ott

Die Lokomotivführer-Gewerkschaft GDL schlägt in der Auseinandersetzung mit der Bahn wieder einen drohenden Ton an. GDL-Sprecherin Gerda Seibert sagte der Süddeutschen Zeitung auf Anfrage, sie wundere sich, dass es nun überall heiße, bis Ende Januar werde es keine Streiks geben.

Zu Arbeitsniederlegungen werde es nur so lange nicht kommen, wie die nun vereinbarten Tarifverhandlungen liefen. "Wenn die Bahn keine ernsthaften Verhandlungen führt und diese keinen Schritt vorankommen, dann sind die Tarifverhandlungen gescheitert", sagte Seibert. "Und dann wird es Streiks geben, und dies vor dem 31. Januar."

Die Äußerung steht in gewissem Gegensatz zu jener, mit der die Neue Ruhr-Zeitung den GDL-Vizevorsitzenden Claus Weselsky zitierte. Die Vereinbarung, die Gewerkschaft und Bahn am Dienstag in Berlin geschlossen haben, nannte Weselsky einen "echten Durchbruch". Und weiter: "Zumindest bis Februar wird nicht mehr gestreikt." Die GDL-Sprecherin sagte nun, von einem Durchbruch könne noch keine Rede sein, sondern lediglich von einem "Etappensieg" der Gewerkschaft.

Beibehaltung der "Tarifeinheit"

GDL und Bahn haben beschlossen, in den kommenden Wochen über einen "eigenständigen Tarifvertrag" für die Lokführer zu verhandeln. Die von der Bahn in den vergangenen Monaten immer wieder beschworene "Tarifeinheit" für den gesamten Konzern soll beibehalten und zugleich aufgegeben werden. Künftig soll es einen Manteltarifvertrag für alle Beschäftigten geben (in dem Krankmeldung, Lohnfortzahlung oder Fahrtvergünstigungen geregelt werden) sowie sechs Funktions-Tarifverträge, die auf einzelne Berufsgruppen zugeschnitten sind.

Den Funktionstarif für die Lokführer soll allein die GDL aushandeln dürfen, darin sollen Bezahlung und Arbeitszeit festgelegt werden. Unklar ist, ob dies für sämtliche Regelungen, also auch für Zuschläge und die betriebliche Altersvorsorge gelten soll. Die GDL-Sprecherin bestätigte, dies sei noch auszuhandeln.

Viele ungelöste Fragen

In der Gewerkschaft sind die Reaktionen auf die Vereinbarung zurückhaltend. Die Vorsitzenden der Bezirke Berlin-Brandenburg-Sachsen sowie Mitteldeutschland, Hartmut Schaefer und Hans-Joachim Kernchen sagten auf SZ-Anfrage übereinstimmend, für sie seien damit noch "viele Fragezeichen" verbunden. Ihr nordrhein-westfälischer Kollege Frank Schmidt meinte nur: "Kein Kommentar."

Mittwochabend wollte der GDL-Vorstand zu einer dreitägigen Klausur in Königswinter zusammenkommen. Auch bei den beiden anderen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA herrscht Skepsis. Transnet-Chef Norbert Hansen sagte, eine mögliche Bruchstelle sei die Altersversorgung. Falls die GDL auch diese allein regeln wollen, würden die Verhandlungen scheitern. Die GDBA riet zu "gesunder Skepsis".

Neue Streiks könnten Arbeitsplätze gefährden

Die Bahn hält sich mit Bewertungen zurück. Euphorie herrscht aber auch bei dem Konzern nicht, beendet sei der Konflikt mit dem Handschlag vom Dienstag noch nicht. Immerhin sei ein Streik aber zunächst abgewendet. Nach vorläufigen Schätzungen sei der Bahn bisher ein Schaden von 150 Millionen Euro entstanden, hieß es am Mittwoch aus dem Aufsichtsrat.

Vor allem der Fern- und Güterverkehr seien in Mitleidenschaft gezogen worden; im Güterverkehr seien Kunden verloren gegangen. Sollte es neue Streiks geben, könne dies auch Arbeitsplätze kosten, verlautete aus dem Gremium.

© SZ vom 6.12.2007/mako - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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