Talente: Steven Althaus (16):Der Mann der Marke

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Steven Althaus, verantwortlich für den Auftritt der Allianz-Versicherung, ist ein Marketing-Typ durch und durch: kommunikativ, selbstbewusst und weltoffen.

Thomas Fromm

Nein, leicht ist es wahrscheinlich nicht, Marketingkommunikation für einen Versicherer wie die Allianz zu machen. Weil man im Grunde nicht viel hat, was man der Welt zeigen kann. Nichts außer abstrakter Werte, und die Allianz-Signalfarbe Blau, um diese am Ende irgendwie zu verpacken.

Steven Althaus: "Auf der Sexy-Skala steht das, was ich mache, vielleicht nicht ganz oben." (Foto: Foto: Heddergott)

Steven Althaus weiß, dass seine Mission keine einfache ist. Würde der Markenchef des Versicherungskonzerns für trendige schnelle Autos trommeln statt für Versicherungspolicen, wäre vieles einfacher. "Wenn Sie ein neues Auto kaufen, und das steht dann da und riecht noch ganz lecker, dann ist das marketingtechnisch eine ganz andere Sache als eine Finanzdienstleistung", sagt Althaus. "So ein Produkt, wo man einfach den Schlüssel reinsteckt und es brummt." Bei Althaus brummt nichts. Dafür gehe es aber auch um mehr, sagt der kreative Markenmacher. "Ich gebe zu: Auf der Sexy-Skala steht das, was ich mache, vielleicht nicht ganz oben. Ich muss über Werte kommen. Werte wie Langfristigkeit, Verlässlichkeit und Stabilität."

Ein hoch emotionales Projekt

Deswegen braucht Althaus ab und zu mal ein Event, etwas, das dann doch über die Werte hinaus geht. Zum Beispiel die Allianz-Arena. An seinem ersten Arbeitstag, damals im Januar 2002, hatte er einen Verhandlungstermin für das Mega-Stadion. Ein "hoch emotionales Projekt", sagt er heute, eine "Riesenchance". Die Arena am nördlichen Stadtrand von München war genau das, was die Allianz damals brauchte. Etwas Großes, Sichtbares, Emotionales. Noch heute fragen ihn seine Kinder, ob er die Allianz-Arena gebaut hat. Hat er natürlich nicht. Aber das Marketing-Potential, das in dem riesigen Luftkissen-Raumschiff steckte, das hatte er sehr wohl sehr früh erkannt.

Althaus ist ein Marketing-Typ, keine Frage. Wer dem quirligen Manager mit der Brille und den kurzen, leicht nach hinten gegelten Haaren zuhört, kann sich gut vorstellen, dass es schon immer so gewesen sein muss. Hat er etwa schon als Kind Marketing gemacht? "Unbewusst vielleicht", sagt er. Althaus ist anders als die meisten Leute in seinem Unternehmen. Das weiß er, und das muss auch so sein. Die stillen Versicherungsmathematiker bewundert er. "Eine hoch spannende Arbeit", sagt er. Er räumt aber auch ein, dass er ein anderer Typ ist als die Zahlenmenschen um ihn herum. Und - von Berufs wegen - ist er sowieso eher der kommunikative Typ.

Schon als Kind viel unterwegs

Gerne streut er englische Sätze und Begriffe ein. In der Branche ist das üblich, aber bei Althaus spielen andere Dinge eine Rolle. Der Vater war kanadischer Pilot, und schon als Kind war Althaus viel unterwegs; lebte in Kanada, in den USA. Manchmal klingt der 40-Jährige jünger als er eigentlich ist. Wie einer, der gerade erst die Uni hinter sich gebracht hat und nun seinen ersten Job macht. Zum Beispiel, wenn er sagt: "Man muss das, was man macht, so richtig doll mögen." Wenn er über seine Arbeit redet, könnte Althaus lange Marketing-Theorien ausbreiten, akademisch werden und aus Büchern zitieren. Stattdessen bricht er das Thema Marketing-Kommunikation runter auf eine einfache und verständliche Regel. "Man muss verstehen, wie Menschen ticken und was Menschen berührt, und man muss das eigene Unternehmen verstehen. Dann muss ich am Ende überlegen, wie ich die beiden Sachen zusammenkriege. Dazwischen steht die Marke, die ist das Bindeglied."

"Ehrfurcht" beim Blick auf die Weltkarte

Hinter dem Schreibtisch des Strategen hängt eine große Weltkarte. "Ehrfurcht" verspüre er, wenn er darauf schaue, sagt Althaus. Dann denkt er eine Weile nach und sagt: "Man kommt gar nicht auf die Idee zu sagen: Hier in München weiß man alles." Die Weltkarte soll ihn daran erinnern, dass es überall anders ist, dass das, was hier in Deutschland funktioniert, woanders noch längst nicht funktionieren muss. "Als Allianz sind wir in über 70 Ländern vertreten, und überall gehen wir nach dem gleichen Schema vor: Wir schauen uns den Markt an, überlegen uns, welche Produkte vorne stehen, und denken von Anfang an an unsere Kunden."

Wer weiß schon, dass es in Korea völlig anders läuft, da hier Finanzprodukte vor allem von Frauen vermarktet werden. "Weil finanzielle Entscheidungen dort von Frauen gefällt werden", sagt er. Und dass einer wie Althaus, der für die globale Markenkommunikation zuständig ist, an alles denken muss. Zum Beispiel, dass man in muslimischen Ländern eine völlig andere Produktentwicklung und daher auch eine andere Kommunikation braucht. "Da können Sie nicht einfach irgendwo hingehen und ihre Konzepte von der Stange aus den USA mit hinübernehmen. Am Ende sind wir ein lokales Geschäft, das geht gar nicht anders."

Noch um die Jahrtausendwende liefen 40 Prozent des Konzerngeschäfts unter der einheitlichen Allianz-Marke. Inzwischen sind es knapp 80 Prozent. Dass die blaue Marke überall auf der Welt präsent ist, zeigt für Althaus, dass die Allianz markenbewusster geworden ist. Er nennt das "branding". Das bedeutet, ein Unternehmen oder ein Produkt so stark mit einem Markennamen in Verbindung zu bringen, dass jeder sofort weiß, was gemeint ist und etwas damit verbindet. "Das ist wichtig, denn Marken bieten Orientierung. Da sagt man nicht einfach 'Komm, wir branden da jetzt mal ein Unternehmen x oder machen eine Werbekampagne y, denn mir ist gerade danach.' Es muss aus dem Unternehmen, aus der Geschäftsstrategie herauskommen, sonst bleibt es nur an der Oberfläche und ist damit nicht nachhaltig. Das ist wegen des Erkennungswerts und der Identität extrem wichtig."

Abends gerne zu Hause

Einer wie Althaus ist die Hälfte seiner Zeit in der Welt unterwegs. Wenn er dann in München ist, trennt er gerne zwischen Privatem und Beruflichem. Auf Abendveranstaltungen sieht man ihn daher selten. Lieber bleibt er bei seiner Familie. Er hat drei Kinder, elf, neun und vier Jahre alt. "Wenn Sie nach Hause kommen, sind Sie sofort in einer komplett anderen Welt." Der Welt der Legosteine, Barbiepuppen und Fahrradausflüge. Seit über sechs Jahren macht er den Job jetzt schon. Ob es immer so weitergehen wird, weiß er noch nicht. Vielleicht komme ja noch mal was anderes. Es müsse ja auch nicht immer Marketing-Kommunikation sein.

© SZ vom 18.08.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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