Talente: Karin Katerbau (6):Die Powerfrau

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Umtriebigkeit mit Folgen: Karin Katerbau ist eine Art Vordenkerin im Privatkunden-Geschäft - und soll nun das Privatkundengeschäft der Commerzbank möglichst profitabel machen.

Helga Einecke

In der Frankfurter Zentrale der Commerzbank kommt man ziemlich schnell nach oben. Der Fahrstuhl braucht in die oberste Etage nur ein paar Sekunden. Im 47. und 48. Stock arbeitet der Vorstand, finden Besprechungen statt. Bei gutem Wetter reicht die Fernsicht über das halbe Bundesland Hessen. Karin Katerbau, 44, ist bei der Commerzbank auch schon ziemlich weit nach oben gekommen, auf eine Stufe unterhalb des Vorstands .

Karin Katerbau soll das Privatkundengeschäft der Commerzbank möglichst profitabel machen. (Foto: Foto: o.H.)

Ihre Visitenkarte weist sie aus als Chief Operation Officer, kurz COO, im Unternehmensbereich Privat- und Geschäftskunden. Sie ist eine Art Vordenkerin, soll diesen Kernbereich der zweitgrößten deutschen Bank möglichst profitabel machen. Katerbau verwendet viele Fremdwörter, um ihre Tätigkeit zu erklären. Da wimmelt es von Controlling, Prozessmanagement, Treasury, Retail und einer virtuellen Holding.

Charaktere mit Drive sind gefragt

Diese Vokabeln gehören in der Bankenwelt zum guten Ton und vermutlich auch zum Selbstverständnis. Man passt sich internationalen Maßstäben an, pflegt die englische Fachsprache. Dabei wirkt die Frau, die aus der Nähe von Kaiserslautern stammt und ihre Herkunft nicht leugnet, bodenständig. Von sich selbst sagt sie einfach: "Ich kann sehr gut mit Menschen umgehen." Es macht ihr Freude, ihre Mitarbeiter zu Teams zusammenzustellen, zu schauen, ob das gut läuft und ob die Ziele gemeinsam erreicht werden. Das versteht sie unter managen oder auch coachen, um im Jargon der Banker zu bleiben.

Anglophil ist Katerbau keineswegs, eher frankophil. Nach dem Abitur hat sie erst eine Banklehre und dann ein binationales Studium absolviert. An den Universitäten Reutlingen und Reims war das möglich. Das Auswahlverfahren war hart, gute Abi-Noten allein halfen nicht. Charaktere mit einem gewissen Drive waren gefragt, erzählt die Bankerin. Sie spricht im Rückblick davon, wie viel ihr diese Auslandserfahrung gebracht hat. Sie habe einen anderen Blick auf Deutschland, auf sich selbst gewonnen. Sie lernte, sich schneller auf neue Dinge und Menschen einzustellen, verschiedene Perspektiven einzunehmen. All das konnte sie später im Berufsleben gut gebrauchen.

Gemeinsam mit französischen Kommilitonen gründete sie eine Vereinigung, brach zu einem Projekt in Südostasien auf samt anschließendem Trekking in Nepal. Da waren naturgegeben schon einige Gipfel in der Nähe, aber sie kam nur ins Basislager des Mount Everest.

"Ein perfekter Match"

Später packte sie noch häufiger das Fernweh, fremde Kulturen zu erforschen reizt sie bis heute, auch wenn häufig die Zeit dazu fehlt. Dagegen verblasst der Kindheitstraum, wie Heinrich Schliemann in Griechenland oder Howard Carter im ägyptischen Tal der Könige zu graben und Schätze zu heben.

Im Jahr 1990 wandte sich Katerbau wieder der Finanzwelt zu, startete in Frankfurt bei der französischen Bank Société Générale, wechselte vier Jahre später zur Commerzbank nach Ungarn. "Das war ein perfekter Match", schwärmt sie noch heute. Sie habe in Buda gewohnt, in Pest gearbeitet, betreute große Firmen, war für die Finanzierung von Projekten zuständig.

Lesen Sie im zweiten Teil, welche Werte die Bankerin Karin Katerbau sich selbst und ihren Mitarbeitern ans Herz legt.

Bei ihrer nächsten Station in der Frankfurter Zentrale kam sie mit Wertpapiergeschäften in Berührung. Es war die Zeit der Börsengänge in Deutschland. Die Filialen der Commerzbank mussten für mögliche Börsenkandidaten sensibilisiert und für den Verkauf von Wertpapieren fit gemacht werden. Ein wichtiger Vertriebskanal ist die Commerzbank-Tochter Comdirect. Als dort eine Bereichsleiterin fehlte, griff Katerbau zu. Schon vorher hatte ihr das junge Team im norddeutschen Quickborn gefallen. Analog zu Buda und Pest lebte sie in Hamburg und arbeitete auf dem platten Land. Sie lernte schnell, gestaltete Webseiten, kaufte Produkte ein, machte sie den Kunden schmackhaft.

Aus Rückschlägen gelernt

Ihre Umtriebigkeit blieb nicht ohne Folgen. "Sie bringt Power ins Team", lobten damals ihre Förderer. Im Dezember 2004 war es dann so weit. Sie rückte in den Vorstand der Comdirect auf. Es gab Sekt, viele freuten sich mit ihr, die Anerkennung tat ihr gut. Vorstandstitel sind für Frauen in Banken noch immer eine Rarität. Katerbau hat sich intensiv mit dieser Rolle beschäftigt.

Verantwortung übernehmen, strategisch denken, das Unternehmen voranbringen, das wollte sie, und das hat sie geschafft. "Ich brauche immer was zu denken, also Futter für die grauen Zellen", erklärt sie ihr Vorankommen. Von Kehrseiten mag sie nicht reden. Aber Rückschläge kennt sie schon. Am schwersten fielen ihr Trennungsgespräche mit Mitarbeitern. "Das sind Zeiten, die sehr schnell erwachsen machen", umschreibt sie ihre Erfahrung damit.

Moralisches Korsett

Inzwischen ist sie eine Stufe weiter nach oben gerückt. Die Comdirect rangiert nun in Katerbaus Welt nur noch als eine Einheit von mehreren im Universum der privaten Kunden und der Geschäftskunden der Bank. Analytisch denken hat sie gelernt, Zahlen gehören zu ihrem Alltag. In allen Management-Funktionen müsse man intensiv mit Zahlen umgehen, sagt sie eher beiläufig. Schon in der Schule war sie in Mathe gut.

Die Werte, die das Geldhaus allen Mitarbeitern ans Herz legt, gefallen ihr als moralisches Korsett. Dazu gehören Integrität, Respekt, Teamgeist, Marktorientierung, Leistung. "Hinter denen kann ich mich gut versammeln" , meint Katerbau, fügt noch Offenheit hinzu. Visionen hält sie für fern und staatstragend. Politisch interessiert zeigt sie sich, aber nicht engagiert. Die Debatte in Deutschland über Managergehälter verfolgt sie, registriert, dass die Deutschen "eine spezielle Sicht" zu diesem Thema hätten.

Engagement versteht die Bankerin nah und praktisch. Ihren beruflichen Verantwortungsbereich wolle sie in die richtige Richtung bringen, die richtigen Entscheidungen treffen. Sie unterstützt den Bundesverband Kinderhospiz, ein anspruchsvolles Thema, wie sie sagt. Eigene Kinder gibt es nicht, aber eine große Familie mit vielen Nichten und Neffen.

© SZ vom 09.06.2008/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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