SZ-Wirtschaftsgipfel 2014:Die Frau, das Experiment

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Zum Auftakt des SZ-Wirtschaftsgipfels geht es um Frauen in Führungspositionen. Manche Argumente klingen so, als stammten sie aus einer anderen Generation. Und viele Erkenntnisse sind eigentlich von schmerzhafter Banalität.

Von Elisabeth Dostert, Berlin

Es gibt Worte, die stören. Karrierefrau ist so ein Wort. Es wird viel häufiger gebraucht als das Wort Karrieremann. Im Duden kommt beides vor. Die Erläuterungen geben einen tiefen Einblick in gesellschaftliche Rollenbilder. Karrieremann: Mann, der Karriere gemacht hat oder dabei ist, Karriere zu machen. Für Karrierefrau gibt es zwei Deutungen: a) Frau, die dabei ist, Karriere zu machen, bzw. die eine wichtige berufliche Stellung errungen hat. b) (oft abwertend) Frau, die ohne Rücksicht auf ihr Privatleben, ihre Familie ihren Aufstieg erkämpft hat.

Deshalb mag auch Annika Farin, 43, das Wort Karrierefrau nicht mehr so recht. Weil es ein Schimpfwort geworden ist, und sie nichts getan hat, wofür sie sich beschimpfen lassen müsste. Das hat auch Stephanie Bschorr, Steuerberaterin, Rechtsanwältin, Geschäftsführerin der HTG-Gruppe und Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen, nicht. Auch Delia Fischer, Gründerin des Online-Möbelhändlers Westwing, und Personalberaterin Angela Hornberg haben sich nichts vorzuwerfen.

"Frauen wollen Karriere machen", sagt Hornberg in der Auftaktrunde des SZ-Wirtschaftsgipfels am Mittwochabend in Berlin. Die Frauen bewegen sich in einer - wie Hornberg sagt - von "männlichen Sozialisierungs- und Kommunikationsstrukturen" beeinflussten Arbeitswelt. "Frauen sind in den oberen Stockwerken eine Minderheit."

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"Aber es bringt auch nicht weit und auch nicht weiter"

Farin, eine der vielen Teilnehmerinnen des SZ-Gipfels, hat Betriebswirtschaft studiert, war sieben Jahre bei McKinsey ("kein Männerladen"), dann Personalchefin beim Halbleiter-Konzern Infineon ("eher ein Männerladen"). Seit zehn Jahren ist sie "ihr eigener Herr".

Redensarten sagen viel aus über den Zustand einer Gesellschaft. Farin ist Personalberaterin. Sie mag nicht pauschalisieren, aber ein paar unterschiedliche Wesenszüge hat sie ausgemacht. Frauen sind anders. "Sie wollen gefallen. Sie wollen keine Fehler machen, meiden Kritik und Konfrontation. Sie halten sich an die Regeln, die die Firma setzt. Frauen springen sofort auf den Inhalt. Die wollen eine gute Arbeit machen. Das ist alles nicht falsch", sagt Farin: "Aber es bringt auch nicht weit und auch nicht weiter."

Männer sind anders. "Sie knüpfen Netzwerke, orientieren sich an Machtströmen, wer, beispielsweise, nimmt welche Rolle im Aufsichtsrat ein", hat die Personalberaterin beobachtet: "Ein wenig von diesem Verhalten sollten sich auch Frauen zu eigen machen", rät Farin im SZ-Gespräch. Alle kennen die Stereotypen. Frauen sind sensibler, teamorientierter, intuitiver, fürsorglicher. Männer sind aggressiver, emotional stabiler, dominanter. Frauen wollen gestalten, Männer Macht und Geld. Manche Gründe und Argumente klingen so, als stammten sie aus einer anderen Generation.

Gründerin Fischer ist mit 30 Jahren die Jüngste auf dem Podium. 2011 "konnte ich keine Frau dazu bewegen, mit mir zu gründen", sagt sie. Ein Start-up war vielen zu unsicher, es passte nicht in die Familienplanung. Personalberaterin Hornberg schlug einem Klienten zwei Frauen für eine Führungsposition vor. Nach einer Weile teilte der Auftraggeber mit, "wir haben beschlossen, keine Experimente zu machen." Die Frau, das Experiment. "Es gibt Frauen, die haben keine Lust auf da oben", sagt Bschorr: "Da ist es auch nicht so lustig. Die Spitze ist anstrengend - für Frauen und für Männer."

Fachkräftemangel als Argument

Kulturen wandeln sich nur langsam, weil Menschen sich wandeln müssen. Es gibt ein paar Erkenntnisse, auch in der Frauenrunde beim SZ-Wirtschaftsgipfel, die sind nicht neu und sie wären von schmerzhafter Banalität, wenn sie in den Unternehmen Alltag wären. Sind sie allerdings nicht - deshalb sind sie nicht banal. "Das Arbeiten in gemischten Teams mit Frauen und Männern ist mit einem höheren Kreativitätspotenzial verbunden", sagt ESCP-Rektorin Marion Festing in ihrem Vortrag: "Und das führt zu einem höheren Unternehmenserfolg." Der Mangel an Frauen in Führungspositionen sei kein Frauenproblem, sondern ein Business-Problem. "Innovative Unternehmen müssen Diversität ganz oben auf die strategische Agenda setzen."

Wirtschaftlicher Erfolg ist nicht das schönste Argument für die Frauenförderung, aber in einem von Männern dominierten Führungssystem ein schlagkräftigtes. Festing hat noch andere Argumente. Deutschland verspiele seine Zukunftsfähigkeit, wenn Frauen weiter ignoriert würden. Die wachsende Aufmerksamkeit haben Frauen auch dem Fachkräftemangel zu verdanken. Hornberg hasst das Argument. "Müssen wir dauernd mit der ökonomischen Notwendigkeit argumentieren?" Das klinge nach Rechtfertigung. "Wir gehören dahin. Ich hoffe, die Herren sind einverstanden."

Bschorr, Fischer, Hornberg und Farin haben Karriere gemacht wie viele andere Frauen auch schon. Das gesellschaftliche Ziel von Quoten, Gesetzen und allem, was der Sache dient, ist erfüllt, wenn das nichts besonderes mehr ist - sondern ganz normal. Teil b) der Definition von Karrierefrau aus dem Duden zu streichen, wäre ein Anfang.

© SZ vom 28.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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