Studie:Mythos Klick-Arbeit

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"Uber-isierung"? Für den Fahrdienst Uber sitzen Solo-Selbstständige hinter dem Steuer und versuchen über die App des Unternehmens Aufträge für Fahrten zu ergattern. (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Die Zahl der Selbständigen mit Internet-Aufträgen sinkt deutlich. Anlass zur Sorge bereitet aber ein anderes Ergebnis der DIW-Studie.

Von Guido Bohsem, Berlin

Wenn es um das Thema Digitalisierung geht, schwingt zumindest bei den Arbeitnehmern auch immer eine Angst mit. Wird es meinen Job noch geben oder nehmen mir die intelligenten Roboter die Arbeit weg? Entsprechende Prognosen kommen meist aus den USA, und meist wird dabei auf die steigende Zahl sogenannter Klick-Arbeiter verwiesen. Das sind Leute, die nicht fest angestellt sind, sondern sich um Aufträge im Internet bewerben. Dabei kann es darum gehen, eine neue Werbekampagne zu entwerfen oder darum, den nächsten Job auf der Taxidienst-Plattform Uber zu ergattern.

In Deutschland heißen diese Ein-Mann-Unternehmer nicht Klick-Arbeiter, sondern Solo-Selbständige. Und seitdem auch hierzulande die Diskussion über die Uber-isierung der Wirtschaft voll entbrannt ist, rechnen alle Skeptiker der neuen digitalen Welt mit einer deutlichen Zunahme der Solo-Selbständigen.

Tatsächlich aber ist das Gegenteil der Fall. Seit 2012 ist die Zahl der Solo-Selbständigen in der Bundesrepublik um acht Prozent und somit deutlich gesunken. 2014 gab es noch 2,34 Millionen. Das geht aus einem Gutachten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) im Auftrag des Arbeitsministeriums hervor. Die Forscher erklären dies vor allem durch die dauerhaft gute Wirtschaftslage. "Der Arbeitsmarkt bietet angesichts der günstigen Konjunktur oft bessere Beschäftigungsalternativen", heißt es in der Studie. Gerade bei akademisch Ausgebildeten gehe die Zahl der Solo-Selbständigen deutlich zurück.

Unterscheidet man die Solo-Selbständigen nach Alter, so ergibt sich allerdings ein uneinheitliches Bild. Auffällig ist besonders die Entwicklung bei den Gründern. Das sind laut Studie Menschen, die noch nicht länger als ein Jahr selbständig sind. Die meisten davon sind zwischen 15 und 24 Jahre alt oder 65 Jahre und älter. Insbesondere bei Letzteren liegen die pro Stunde erzielten Einkommen weit über dem Durchschnitt. Jedoch erfreut sich nur ein kleiner Teil der Solo-Selbständigen eines guten oder sehr guten Verdienstes, heißt es in der Studie. Im kleinen oder mittleren Einkommensbereich ist es lukrativer, als Angestellter zu arbeiten.

Anlass zur Sorge bietet der DIW-Studie zufolge aber, dass die Altersvorsorge bei den Solo-Selbständigen an Bedeutung verloren hat. "Nicht einmal mehr die Hälfte sorgt entsprechend für das Alter vor." So schrumpfe die Zahl derjenigen, die in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlten. Stärker noch aber sinke der Anteil der Solo-Selbständigen, die mit einer hohen Summe in eine Lebensversicherung einzahlten. Einen Zusammenhang zwischen besonders geringer Bereitschaft, in die Rentenversicherung einzuzahlen, und besonders niedrigen Einkommen konnte das DIW hingegen nicht feststellen.

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) reagierte besorgt auf die Studie. Die mangelnde Vorsorge unter den Solo-Selbständigen berge "ein neues Risiko für Altersarmut und damit nicht zuletzt eine Belastung für die Allgemeinheit, die wir der Gesellschaft nicht abverlangen können". Sie verwies auf ein Projekt, das auch auf diesen Punkt Antworten geben soll: "Ich werde im November ein Weißbuch mit konkreten Lösungsoptionen vorlegen", betonte sie.

© SZ vom 28.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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