Streit zwischen US-Regierung und S&P:Bizarrer Hahnenkampf um Milliarden

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Die Auseinandersetzung zwischen Standard & Poor's und den Vereinigten Staaten wird immer kurioser. Die US-Regierung beschuldigt die Ratingagentur des Betrugs und fordert Milliarden Dollar Schadensersatz. S&P schlägt zurück.

Auf den ersten Blick erinnert der Streit zwischen Standard & Poor's (S&P) und der US-Regierung an den Kampf zweier Gockel. Auf der einen Seite die Ratingagentur, die sich erdreistet, dem mächtigsten Staat der Welt den Spiegel vorzuhalten. Auf der anderen Seite die US-Regierung, die mit ihrer Klage gegen die - nach eigenem Verständnis - ebenfalls mächtige Ratingagentur so etwas wie Majestätsbeleidigung begeht.

Nun unterstellt S&P den USA, mit ihrer Klage gegen die Ratingagentur lediglich Vergeltung üben zu wollen. Der Vorwurf: Das Justizministerium habe sich auf S&P eingeschossen, weil die Agentur als bislang einzige den USA das Spitzenrating AAA entzogen hatte. Eine Sprecherin des Ministeriums bezeichnete die Anschuldigung als "absurd". Die Auseinandersetzung wird immer bizarrer. Aber worum geht es eigentlich?

Im August 2011 stuft S&P die Kreditwürdigkeit der USA herab - ein nahezu beispielloser Vorgang, das hatte seit Jahrzehnten keine Ratingagentur mehr gewagt. S&P begründet den Schritt mit dem hohen Haushaltsdefizit und den politischen Streit zwischen Republikanern und Demokraten, der eine Bekämpfung der enormen Staatsverschuldung erschwert.

Im Februar des laufenden Jahres strengt das US-Justizministerium dann eine Zivilklage gegen S&P an. Der Vorwurf: Betrug. Die Ratingagentur soll komplexe Hypothekenanleihen absichtlich falsch bewertet und so das Risiko verschleiert haben, das von den Papieren ausging. Die Klage ist einer der offensivsten Versuche der Regierung, die Verantwortlichen für die Finanzkrise zur Rechenschaft zu ziehen. Sie fordert fünf Milliarden Dollar Schadensersatz für die Verluste, die vom Staat gestützte Banken in der Krise erlitten haben.

Schwierig, Vergeltungsaktion nachzuweisen

S&P hatte bereits zuvor von einer politisch motivierten Klage gesprochen - derart deutliche Worte sind aber neu. Das Justizministerium habe "diese Aktion als Vergeltung dafür gestartet, dass S&P im Bezug auf die Kreditwürdigkeit der Vereinigten Staaten von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch macht", schreiben die Anwälte der Ratingagentur in Dokumenten, die nun vor Gericht eingereicht wurden. S&P beruft sich bei seiner Verteidigung auf den ersten Zusatzartikel der US-Verfassung, der Rating-Entscheidungen als Meinungsäußerungen schütze.

Die Ratingagentur fordert Einblick in Unterlagen des Justizministeriums, aus denen hervorgeht, warum die Regierung gegen S&P vorgeht, aber nicht gegen andere Agenturen. Außerdem verlangt das Unternehmen Details, wie die Summe von fünf Milliarden Dollar zustande kommt. Der Betrag enstpricht dem operativen Konzern-Gewinn mehrerer Jahre.

Aus der Führung des Justizministeriums heißt es, die Untersuchung gegen S&P laufe schon seit November 2009, also lange vor der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit.

"Entweder ist es Betrug oder es ist kein Betrug", sagte der ehemalige Generalbundesanwalt Samuel Buell dem Wall Street Journal. Der Grund für die Klage sei dafür unerheblich. Buell und andere Anwälte halten es zudem für schwierig, einen Nachweis zu erbringen, dass es sich tatsächlich um eine Vergeltungsaktion handelt.

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