Stilblüten aus Bayerns Innenministerium:Wie Bayern Jauchs SKL-Show retten wollte

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Günther Jauchs SKL-Show erfreute den Freistaat lange Zeit mit reichlichen Einnahmen. Die CSU-Regierung startete deshalb einen ausgeklügelten Rettungsversuch für die Werbesendung.

Klaus Ott

"Rechtliche Bewertung" steht am Anfang eines zehnseitigen Vermerks, mit dem das Sachgebiet IA4 im Bayerischen Innenministerium vor zwei Monaten der Süddeutschen Klassenlotterie (SKL) zu Hilfe eilte.

Mit schönen Bildern vom netten Moderator wollte die bayerische CSU-Regierung verhindern, dass die Glücksspielaufsicht die SKL-Show abschaltet. (Foto: Foto: dpa)

Schöne Bilder vom netten Moderator

Was dann folgt, ist allerdings keine trockene juristische Abhandlung, sondern eine wenn auch unfreiwillige Satire über eine Werbesendung, die keine sein soll, garniert mit schönen bunten Bildern aus Jauchs SKL-Show: ein freundlicher Moderator, prominente Quiz-Teilnehmer und freudestrahlende Gewinner. Derart aufwendig gestaltete Akten dürften in Bayerns Amtsstuben sonst selten angefertigt werden.

Die Glücksspielaufsicht im Innenministerium erwies sich als äußerst einfallsreich, schließlich ging es um die Rettung der SKL-Show bei RTL. Alles war penibel abgestimmt mit der Staatskanzlei von Ministerpräsident Günther Beckstein sowie dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst, beide zuständig für die Medienaufsicht.

Weniger Geld für Bayern

Gemeinsam wollte man ein Kunststück fertig bringen. Die Quizsendung, die der staatlichen SKL viele Kunden und dem Freistaat zusätzliche Einnahmen brachte, sollte erhalten bleiben - trotz des seit Anfang 2008 geltenden Verbots von Fernsehwerbung für Glücksspiele. Dieses Verbot hatten die Bundesländer, inklusive Bayern, selbst verfügt.

Der Freistaat Bayern ist freilich der größte Profiteur der SKL, die ihre Träger, die sechs süddeutschen Länder, lange Zeit mit reichlichen Abgaben erfreute. Da könnten selbst jene Kandidaten neidisch werden, die in Jauchs SKL-Show den Höchstgewinn von fünf Millionen Euro kassierten.

Seit aber das neue Glücksspielrecht mit seinen diversen Einschränkungen für den Losverkauf gilt, gehen die Einnahmen der SKL deutlich zurück. Für Bayern und die anderen Länder fällt weniger Geld ab. Da wäre es hilfreich gewesen, die SKL-Show weiter auszustrahlen. Jauch und seine Show waren bislang die beste Werbung für die Klassenlotterie.

Kein Fernsehen, sondern ein Event

Die Paragrafenreiter ais dem Innenministerium notierten, bei der 5-Millionen-SKL-Show handele es sich um von den Werbesendungen bei RTL "optisch getrennten redaktionellen Programmteil". Eine Einstufung als nach dem neuen Glücksspielrecht verbotene Spotwerbung scheide also von vornherein aus. Die Show sei auch keine "Dauerwerbesendung", da sie nicht entsprechend gekennzeichnet sei, etwa in Form einer Einblendung mit dem Hinweis "Dauerwerbesendung". Aha.

Es kommt noch besser. Es liege auch kein Sponsoring der Show durch die SKL vor, schrieben die Beamten aus dem Innenministerium. Der Sponsoringbegriff in den Mediengesetzen erfasse "lediglich ein Sponsoring der Sendung und nicht ein Sponsoring des gesendeten Events".

Nur kurz erwähnt

In diesem Fall lag nach Ansicht der Regierungsjuristen ein Event vor. "Das Format stellt eine offizielle Ziehung laut Gewinnplan der Süddeutschen Klassenlotterie dar." Die Fernsehsendung wäre demnach gar keine solche gewesen, sondern lediglich eine Ziehung, oder Ereignis, oder eben auch Event. Also hätte es nach dieser Logik auch keine verbotene TV-Werbung sein können. Wo kein Fernsehen, da auch keine Fernsehwerbung. Interessant.

Die SKL-Show sei auch keine nach den Mediengesetzen unzulässige Schleichwerbung, befand das Innenministerium. "Moderator Günther Jauch erwähnt lediglich eingangs der Sendung kurz, dass sämtliche Kandidaten Besitzer eines Loses der aktuellen Lotterie der SKL sind."

Danach werde die SKL, abgesehen von ihrem Schriftzug im Logo, "grundsätzlich nicht zum Werbegegenstand der weiteren Sendung gemacht". Die Verwendung des SKL-Kürzels im Titel, Produktionskostenzuschüsse der Klassenlotterie für die Show und die von der SKL ausgeschütteten Millionengewinne an die Kandidaten stünden in einem "engen funktionalen, das heißt programmlichen Zusammenhang mit dem Inhalte der Übertragung der Ziehung". Klar.

Doch etwas Werbung entdeckt

Eine "Irreführung der Zuschauer" sahen die bayerischen Beamten auch nicht gegeben. Für die Betrachter sei "aufgrund des Hinweises des Moderators zu Beginn der Sendung offensichtlich, dass Gegenstand der eine offizielle Ziehung der SKL ist" und somit gewisse Bezüge zur Klassenlotterie unvermeidlich seien. Ergebnis: "Die 5-Millionen-SKL-Show stellt grundsätzlich keine unzulässige Fernsehwerbung dar."

Ein paar Bedenken hatte das Innenministerium dann aber doch. Übermäßige Werbeeffekte seien zu unterlassen, verfügte die Glücksspielaufsicht. Isolierte Einblendungen des SKL-Logos seien nicht länger zulässig. Auch müssten "direkte Aufforderungen" zum Kauf von Losen unterbleiben, ebenso Telefongewinnspiele mit Geldpreisen, die nicht im amtlichen Spielplan der Klassenlotterie enthalten seien. Diese Elemente gefährdeten "die Einordnung des Formats als redaktionellen Programmteil in nicht unbeträchtlichem Maße".

Etwas Werbung hatten die Fachleute im Innenressort bei genauem Hinschauen also doch nicht übersehen können, so angestrengt sie sich auch bemüht hatten, nichts dergleichen zu entdecken. All die juristischen Verrenkungen halfen am Ende indes nichts. Die für RTL zuständige Fernsehaufsichtsbehörde, die Niedersächsische Landesmedienanstalt, verfügte ein Sendeverbot. Mit einem zweiseitigen Bescheid vom 1. Juli, nüchtern gestaltet, ohne Bilder, ohne Stilblüten. So, wie man es sonst eigentlich auch aus Bayern kennt.

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