Steuererklärung:Neue Sparchancen 

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Da geht noch mehr: Der Bundesfinanzhof befasst sich mit der Absetzbarkeit von Handwerkskosten.

Von Berrit Gräber, München

Jedes Mal, wenn jemand Handwerker beauftragt, bei sich daheim etwas zu reparieren, renovieren, auszutauschen oder Bestehendes zu erweitern, gibt es einen Steuerbonus. Aber was ist, wenn der Profi nicht vor Ort reparieren kann oder in seiner Werkstatt vorarbeiten muss? Wer solche Rechnungen geltend machen will, tut sich beim Finanzamt häufig schwer, sagt Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BDL). Denn damit der Steuervorteil greift, muss ein Handwerker im Haushalt arbeiten, die Arbeit also beim Kunden vor Ort erledigen. Einige Gerichte gingen allerdings weiter und ließen einen Kostenabzug bei Werkstattarbeiten zu:

So fand es das Finanzgericht München zulässig, dass ein Steuerzahler den vollen Lohn für den Austausch einer renovierungsbedürftigen Tür absetzt - obwohl der Tischler sie mitnehmen musste (Az. 7 K 1242/13). Auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg stellte klar: Handwerkerleistungen, die nicht direkt im Haushalt erbracht werden, können sehr wohl steuerbegünstigt sein (Az. 12 K 12040/17). Die Richter hielten es für entscheidend, dass die Handwerkerleistung im räumlichen Zusammenhang mit dem Haushalt steht. Das letzte Wort hat jetzt der Bundesfinanzhof in München (Az. VI R 4/18).

Die höchsten deutschen Steuerrichter müssen in weiteren Verfahren zudem klären, ob Werkstattarbeiten für ein Treppengeländer (Az. VR44/18) sowie für eine Haustür (Az. VI R 7/18) steuerbegünstigt sind. Sie prüfen aktuell auch, ob die Erschließungsbeiträge, die Anwohner für die Erneuerung einer Gemeindestraße zahlen müssen, als Handwerkerleistungen absetzbar sind (Az. VI R 50/17). Alle Musterverfahren sind von grundsätzlicher Bedeutung für Millionen Steuerzahler.

Selbst wenn höchstrichterlich noch nichts entschieden ist: Wer über seiner Steuererklärung für 2018 sitzt, sollte auch seine Rechnungen für Werkstattarbeiten oder Straßenausbau geltend machen, empfiehlt Nöll. Hauptsache, die Handwerkerleistung außerhalb des Hauses steht in Zusammenhang mit dem Haushalt.

Absetzbar sind Lohnkosten, Maschinen- und Fahrtkosten plus Mehrwertsteuer. Pro Jahr lassen sich bis zu 6000 Euro abrechnen. Der Fiskus akzeptiert davon 20 Prozent, das ergibt den Steuervorteil von bis zu 1200 Euro. Streicht das Finanzamt die strittigen Posten heraus, kann der Steuerbürger innerhalb eines Monats schriftlich Einspruch einlegen. Darin sollte er seine abweichende Rechtsauffassung erläutern und auf ein vergleichbares Musterverfahren am BFH verweisen inklusive Aktenzeichen, wie Isabel Klocke erklärt, Expertin vom Bund der Steuerzahler in Berlin. Der Steuerfall bleibt dann so lange offen, bis der BFH geurteilt hat. Auch wenn es bis dahin noch ein paar Monate dauert: Nur wer sich per Einspruch an die Musterverfahren anderer Steuerbürger drangehängt hat, kann bei positivem Ausgang noch rückwirkend mitverdienen.

Arbeiten jenseits der Grundstücksgrenze wie der Winterräumdienst auf öffentlichen Wegen oder Hausanschlüsse ans öffentliche Versorgungsnetz bringen neuerdings schon einen Steuerabzug. Garantiert absetzbar sind auch alle Arbeiten des Schornsteinfegers, inklusive Feuerstättenschau. Anerkannt werden auch Gutachterarbeiten wie etwa die Kontrolle von Fahrstuhl- und Blitzschutzanlagen sowie Expertisen zur energetischen Haussanierung. Was garantiert durchgeht, sind gängige Handwerkerleistungen daheim wie Tapezieren, Malern, Heizkörperlackieren oder die Teppichbodenreinigung vom Profi. Außerdem der Fensteraustausch, die Bad-Modernisierung, das Herausreißen alter Fußböden, Fliesen- und Parkettlegen sowie das Montieren von Markise oder Möbeln. Auch Arbeiten an Dach, Innen- wie Außenwänden, an Garage, Regenrinne und Fassade, an Heizungsanlagen (Wartung, Reparatur und Austausch), an Elektro-, Gas- oder Wasserinstallationen werden gefördert. Ebenso die Mauerwerksanierung, das Gerüstaufstellen, die Schimmel- oder Schädlingsbekämpfung. Sogar der private Umzug inklusive Renovierung der alten und neuen Wohnung sind von den Steuern absetzbar. Das gilt auch für Kosten, die in Ferien- und Zweitwohnungen anfallen.

Das Finanzamt gewährt den Handwerkerbonus nur für Arbeiten an bereits bestehenden Immobilien. Wer gerade einen Neubau hochziehen lässt, geht leer aus. Das sorgt immer wieder für Enttäuschung bei Häuslebauern. Trotzdem gibt es noch dicke Sparchancen. Denn: Sind Türen, Fenster, Treppen einschließlich Geländer eingebaut, Innenputz und Estrich eingebracht, die Anschlüsse für Strom und Wasser, die Heizung und die sanitären Einrichtungen vorhanden, gilt das Haus als fertiggestellt. Wer dann einzieht und ab diesem Zeitpunkt Handwerker mit dem Verlegen von Böden, mit Tapezieren, Außenanstrich, Pflastern oder der Gartengestaltung beauftragt, kann deren Arbeitslohn sehr wohl steuerlich geltend machen. Den Bonus gibt es auch für den Dachausbau, die Garage, Solaranlage oder den Einbau eines Kaminofens. Der Tag des Einzugs kann durch die Meldebestätigung oder die erste Telefonrechnung nachgewiesen werden.

© SZ vom 17.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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