Staatsverschuldung der USA:Der begrenzte Präsident

Lesezeit: 2 min

Eine Billion Dollar Neuverschuldung: Die dramatischen Lasten für den Staatshaushalt schränken Präsident Obamas Spielraum enorm ein.

Nikolaus Piper

Es ist eine historische Zäsur: Im Juni hat das Defizit im amerikanischen Bundeshaushalt erstmals in der Geschichte die Marke von einer Billion Dollar überschritten. Bis zum 30. September, wenn in den Vereinigten Staaten das Finanzjahr endet, werden daraus mehr als 1,8 Billionen werden oder 13 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - so viel wie noch nie in Friedenszeiten.

US-Präsident Barack Obama: Bis jetzt nutzt er den Druck, den die Krise verursacht, meisterhaft, um für seine Politik zu werben. Aber die potentiellen Risiken, die in dem beispiellosen Anstieg der Staatsschuld liegen, machen die Regierung verletzlich. (Foto: Foto: AP)

Die politische Dimension dieser Zahlen ist gewaltig. Von dem Defizit - genauer: von den Ausgaben, die dahinterstehen - hängt derzeit die Konjunktur der USA und die der ganzen Welt ab.

Die Billion ist der Preis dafür, dass die großen Banken vor dem Zusammenbruch gerettet wurden und die Nachfrage sich stabilisiert hat. Und der Preis ist höher, als es viele heute wahrhaben wollen: Auch 2010 wird das Defizit deutlich über einer Billion Dollar liegen und 2011 nur geringfügig darunter - wenn alles gutgeht.

Zentrales Thema der Präsidentschaft

Für Barack Obama wird der Umgang mit dem Defizit das zentrale Thema seiner Präsidentschaft werden. Die Zwänge des Haushalts schränken seinen Spielraum bei großen Projekten wie der Gesundheitsreform ein. Bis jetzt nutzt er den Druck, den die Krise verursacht, meisterhaft, um für seine Politik zu werben. Aber die potentiellen Risiken, die in dem beispiellosen Anstieg der Staatsschuld liegen, machen die Regierung verletzlich - nach innen und außen.

Innenpolitisch liegt dies auf der Hand: Die Amerikaner haben zu Recht Angst vor den Schulden, und sie sind gleichzeitig enttäuscht über die bisherigen Resultate des Konjunkturprogramms.

Zwar ist der Absturz der Wirtschaft gestoppt, aber es gehen in den Vereinigten Staaten noch viel mehr Jobs verloren als befürchtet. Bereits im Herbst wird die Arbeitslosigkeit die Marke von zehn Prozent überschreiten. Vizepräsident Joe Biden sorgte für Aufsehen, als er einräumte, die Regierung habe die Lage bei Amtsantritt noch zu positiv gesehen.

Manche Kritiker fordern bereits ein weiteres Konjunkturprogramm. Es ist aber nicht abzusehen, wie Obama angesichts der Finanzlage ein solches Programm durch den Kongress bringen könnte, selbst wenn es dafür ökonomische Gründe gäbe.

Permanenter Faktor der Schwäche

Außenpolitisch ist das Defizit ein permanenter Faktor der Schwäche, weil die USA jeden Monat Hunderte Milliarden Dollar neu finanzieren müssen. Zwar ist die Sparquote der Amerikaner mittlerweile wieder auf fast sieben Prozent gestiegen, der überwiegende Teil der Staatsanleihen muss jedoch weiterhin im Ausland verkauft werden.

Bisher ist das kein Problem, sollten aber Zweifel an der Solidität der amerikanischen Finanzpolitik aufkommen, wären rasch steigende Zinsen die Folge.

Die Perspektiven für den Dollar sind unklar, denn auch der Euro ist mit Risiken belastet: In der Euro-Zone steigen die Haushaltsdefizite ebenfalls; der Schuldenstand dürfte hier im kommenden Jahr das amerikanische Niveau erreichen. Im schlimmsten Fall könnten die Defizite eine Krise des Weltwährungssystems auslösen.

Es ist klar, dass die Vereinigten Staaten das Schuldenproblem jetzt anpacken müssen, in einer Phase also, in der die Zinsen noch niedrig sind und der amerikanische Finanzminister keinerlei Probleme hat, seine Staatsanleihen zu verkaufen.

Leistungskürzungen unvermeidlich

Erstens muss Obama klarmachen, dass er über eine Strategie für die Begrenzung der Schulden verfügt. Konkret muss er die Amerikaner darauf vorbereiten, dass sowohl Steuererhöhungen als auch Leistungskürzungen unvermeidlich sind.

Politisch ist beides extrem gefährlich: Mit dem einen bringt er konservative Republikaner gegen sich auf, mit dem anderen die eigenen Demokraten. Die Alternative allerdings wäre eine Haushaltskrise, die irgendwann in eine Staatskrise münden könnte.

Zweitens muss die Notenbank Federal Reserve überzeugend klarmachen, dass sie nicht bereit ist, den staatlichen Schuldendienst durch Inflationspolitik zu erleichtern. Kurzfristig ist die Inflationsgefahr gleich null, wenn sich aber irgendwann Inflationserwartungen festsetzen, wird die Lage für die USA extrem gefährlich. Es entscheidet sich jetzt, ob Amerika ein verlorenes Jahrzehnt bevorsteht oder nicht.

© SZ vom 15.07.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: