Staatssekretär Schauerte im Gespräch:"Wir schaffen ein einheitliches Dach"

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Ein neues Innovationsprogramm soll die Transparenz der staatlichen Förderprogramme verbessern. Staatssekretär Schauerte erläutert die Hintergründe.

Interview: Steffen Uhlmann

Hartmut Schauerte (CDU) ist Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. ZIM, das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand, ist für ihn eine Chance, das Durcheinander der Förderprogramme für innovative Mittelständler zu ordnen.

Hartmut Schauerte:"Wir sind ein föderaler Bundesstaat mit 16 Ländern. Jedes von ihnen hat eigene Programme." (Foto: Foto: AP)

SZ: Herr Schauerte, wissen Sie persönlich, unter wie vielen Programmen ein Mittelständler wählen kann, wenn er öffentliche Gelder für Forschung und Entwicklung beantragen will?

Schauerte: Ich schätze, es sind zwischen 50 und 100 Programme. Wir sind ein föderaler Bundesstaat mit 16 Ländern. Jedes von ihnen hat eigene Programme. Hinzu kommen die Bundesministerien und die Europäische Union. Da erreicht man schnell diese kritische Größe, die es dem Mittelständler nicht einfach macht, über ein für ihn passendes Programm an Fördergelder zu kommen.

SZ: Nach unseren Recherchen sind es mindestens 120 Programme. Das Bundeswirtschaftsministerium will nun mit dem Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) Licht in den eigenen Förderdschungel bringen. Was soll sich ändern?

Schauerte: Wir schaffen mit ZIM ein einheitliches Dach für unsere technologieoffenen und marktorientierten Programme. Wir erreichen damit eine größere Transparenz, bessere Nutzerfreundlichkeit und eine zielgenauere Förderung.

SZ: Für wen?

Schauerte: Gefördert werden kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit bis zu 250 Beschäftigten und bis zu 49 Millionen Euro Umsatz, die aktiv an Forschung und Entwicklung arbeiten. Bundesweit sind das derzeit etwa 30000 Firmen. Die meisten von ihnen betreiben ohne große finanzielle Rücklagen marktnahe Industrieforschung. Die wollen wir stärker unterstützen und zugleich weitere KMU zu kontinuierlicher Forschung und Entwicklung ermutigen.

SZ: Wie sieht die Förderung aus?

Schauerte: Gestartet wird zunächst mit der Förderung von mittelständischen Unternehmen, die bei Forschungs- und Entwicklungsprojekten untereinander oder mit Forschungseinrichtungen kooperieren. Zugleich werden wir das Management von KMU-Netzwerken fördern. Das ist aus unserer Sicht besonders wichtig, weil gerade kleine Unternehmen nur über solche Netzwerke zu Partnern auch von Großkonzernen aufsteigen und ihre Marktchancen erhöhen können.

SZ: Diese Art von Förderung betreibt das Wirtschaftsministerium bereits mit den Programmen Proinno II, Innonet und Nemo. Was ist also neu?

Schauerte: Vieles: Die Förderbedingungen der drei ZIM-Module - also Kooperations-, Netzwerk- und Einzelprojektförderung - werden einander angepasst und die Antrags- und Bearbeitungsverfahren vereinfacht. Es gibt künftig ein einheitliches, schlankes Abrechnungsverfahren für alle Module. Die förderfähige Projektgröße wird dabei von 300000 Euro auf 359000 Euro erhöht und die allgemeine Kostenpauschale auf 100 Prozent heraufgesetzt.

Seite 2: Angleichung der Förderbedingungen in Ost und West

SZ: Das allein lichtet den Förderdschungel nicht.

Schauerte: Aber mehr Transparenz und weniger bürokratischer Aufwand. Außerdem werden wir flankierend dazu mit dem Bundesforschungsministerium eine ressortübergreifende Beratungsstelle schaffen. Sie wird die Unternehmen über die für sie passenden Forschungs- und Innovationsprogramme von Bund und Ländern sowie der EU beraten und die richtigen Ansprechpartner für die Antragstellung vermitteln. Aber das ist nur das eine...

SZ: Und das andere?

Schauerte: Das andere ist, dass wir fast 20 Jahre nach der deutschen Einheit die Förderbedingungen in Ost und West einander angleichen.

SZ: Inwiefern?

Schauerte: Das bisher nur für Mittelständler in den neuen Ländern vorgesehene Förderprogramm Nemo (Netzwerkmanagement Ost) wird ab sofort bundesweit angeboten. In einem weiteren Schritt wollen wir auch aus dem zweiten, bislang rein ostdeutschen Innowatt-Programm die einzelbetriebliche Forschungs- und Entwicklungsförderung in die alten Bundesländer bringen.

SZ: Der Osten wird nicht mehr bevorzugt?

Schauerte: In gewissem Umfang schon, auch wenn die EU die regionalen Boni für Ostdeutschland abgeschafft hat. Entsprechend der von der EU vorgegebenen Fördermöglichkeiten erhalten ostdeutsche KMU bei Kooperationsprojekten einen fünf Prozentpunkte höheren Fördersatz. Kleine Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten und einem Umsatz von maximal zehn Millionen Euro können jetzt mit einem Satz von 50 Prozent gefördert werden - und mehr als 80 Prozent der ostdeutschen Firmen gehören in dieses Kategorie.

SZ: Neustrukturierung und Erweiterung der Förderung kosten mehr Geld. Ist das ZIM, das zunächst bis 2013 laufen soll, finanziell gesichert?

Schauerte: Für dieses und nächstes Jahr haushaltstechnisch schon. Die Fördermittel werden im nächsten Jahr aufgestockt auf 313 Millionen Euro - im Vergleich zu 154 Millionen im Jahr 2005. Noch nicht finanziell fix ist die geplante Ausweitung der Einzelprojektförderung aus Innowatt auf die alten Länder. Hierüber wird erst die zweite Runde der Haushaltsberatung im September Klarheit bringen.

SZ: Mit welcher Resonanz rechnen Sie?

Schauerte: Ich bin zuversichtlich, dass ZIM ein Erfolg wird. Schon in seinem Vorfeld hat sich die Zahl der Anträge innovativer Unternehmen deutlich erhöht - in den ersten vier Monaten des Jahres um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 1400 Anträge. Mit dem einfacheren und schnelleren Zugang zu ZIM wird sich diese Zahl weiter erhöhen.

SZ: Wer von den Antragstellern erhält dann auch wirklich Fördermittel?

Schauerte: Mehr als gedacht: Unsere Bewilligungsquote liegt bei strenger und sachkundiger Evaluierung bei mehr als 50 Prozent. Die Mühe der Antragssteller zahlt sich also aus.

© SZ vom 26.06.2008/jpm/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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