Spanien:Jede vierte Bank hat überlebt

Lesezeit: 2 min

Spaniens Wirtschaft wächst geschrumpft seit drei Jahren wieder - wie das Land aus der Krise gekommen ist.

Von Thomas Urban, Madrid

Die spanischen Wirtschaftsexperten wundern sich schon lange, warum das Krisenland Italien erst jetzt in den allgemeinen Focus geraten ist. Das große Wundern begann vor fünf Jahren, als die anderen EU-Länder und die internationale Finanzwelt die gerade erst ins Amt gekommene konservative Regierung unter Mariano Rajoy drängten, wie die portugiesischen Nachbarn "unter den europäischen Rettungsschirm zu flüchten". Man war schon damals in Madrid der Meinung, dass die Italiener noch viel schlechter dastünden.

Rajoy widersetzte sich jedenfalls dem Druck, sein Wirtschaftsminister Luis de Guindos erklärte schon damals, dass alle Eckdaten den Schluss zuließen, das Land könne mit einem stringenten Sanierungsprogramm für die öffentlichen Finanzen die Rezession überwinden. So kam es denn auch: Seit drei Jahren wächst die spanische Wirtschaft, für 2017 wird ein Plus von rund drei Prozent erwartet.

Die Spanier haben einiges anders gemacht als die Italiener, schon die Prämisse war eine ganz andere: "Die Krise ist hausgemacht." Als Rajoy sein Sanierungsprogramm vorstellte, verkündete er ganz schlicht: "Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt!" Zwar hatte die Bilanz Spaniens vor dem Platzen der großen Immobilienblase vor knapp zehn Jahren nicht schlecht ausgesehen: Sowohl die Verschuldung der Zentralregierung als auch die der Regionen lag klar unter der Marke von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die die Maastricht-Kriterien festlegen. Doch nach dem Platzen der Blase versuchte der damalige sozialistische Premier José Luis Zapatero, die Rezession mit einem gigantischen Konjunkturprogramm abzuwenden - und scheiterte. Milliarden verpufften, das Haushaltsdefizit war auf elf Prozent gestiegen, die Staatsverschuldung näherte sich der Marke von 100 Prozent des BIP.

Die Gier von Bankern und Politikern war Treibstoff für die Immobilienblase

Hausgemacht war auch die alle Ebenen der Verwaltung durchdringende Korruption, die Gier von Bankern und Politikern war Treibstoff für die Immobilienblase. Die spanischen Medien berichten intensiv darüber. Vorreiter hierbei wurde ausgerechnet die konservative Tageszeitung El Mundo, nicht zuletzt offenbar deshalb, weil deren Eigentümer nicht mit der spanischen Politik verquickt sind, es handelt sich nämlich um die italienische Rizzoli-Gruppe.

Auch bei den Wahlen des vergangenen Jahres bekamen die Verfechter tief greifender Reformen, die es in fast allen Parteien gibt, die Mehrheit im Parlament. Offenkundig ist es der Regierung bislang gelungen, den größten Risikofaktor weitgehend zu entschärfen: 41 Milliarden Euro an Krediten, die Brüssel vermittelte, flossen in den Bankensektor. Ein Dutzend Sparkassen, die am Rande des Zusammenbruchs standen, wurde verstaatlicht und zu neuen Gruppen zusammengefasst. Deren Reprivatisierung hat begonnen und bringt mehr Erträge als ursprünglich kalkuliert, nicht zuletzt deshalb, weil ein beträchtlicher Teil der faulen Immobilienkredite in die staatliche Bad Bank Sareb ausgelagert werden konnte.

Unter dem Strich bedeutet diese Verlagerung allerdings, dass der Steuerzahler sehr wohl Milliarden Euro aufbringen muss, um den Bankensektor zu sanieren. Allerdings konnte die große Katastrophe abgewendet werden, der Bereich hat sich kleingeschrumpft: Von ursprünglich 55 Banken haben nur 13 als eigenständige Einheiten überlebt.

© SZ vom 17.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: