Sie sind "Kapitalversteher", die erfolgreich die westlichen Demokratien belagern. Dagegen helfe, so Streeck im schwächeren, rebellionsromantischen Schlussteil, Empörung, "uneinsichtige Beharrlichkeit", die Weigerung, verachtet und abgeschöpft zu werden, kurz: Occupy. Die Angst der Experten vor der "Unvernunft der Massen" sei groß.
In einem Aufsatz für Lettre International (Heft 95, Winter 2011) hat Streeck die derzeitige Finanz- und Schuldenkrise in den "endemischen Konflikt zwischen kapitalistischen Märkten und demokratischer Politik" eingeordnet. In den Nachkriegsjahrzehnten ermöglichte Wachstum einen Ausgleich zwischen sozialen Rechten auf der einen Seite und "Grenzproduktivität nach Bewertung des Marktes" andererseits.
Befristete Notlösungen in diesem Konflikt waren unter anderem die Tolerierung von Inflation, die Hinnahme von Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung, die Deregulierung des privaten Kredits. Jetzt sieht Streeck den "demokratischen Kapitalismus" in Gefahr, wenn die Staaten als "Inkassoagenturen im Auftrag einer globalen Oligarchie von Investoren" agieren.
Die Mittelklasse? Wird enteignet
Sind wir "Freunde der Mittelklasse" nicht alle darin verstrickt, fragte Heinz Bude, und mit unseren Rentenansprüchen, Vermögenswerten, Zukunftsinvestitionen am Funktionieren der Finanzmärkte interessiert? - "Sie werden in den nächsten zehn Jahren von Herrn Draghi enteignet werden", erwiderte Streeck. Politisch ist das keine Antwort, nur eine Drohung, wie ja auch die Experten stets mit dem Schlimmeren drohen.
Die Frage bleibt, ob es Occupy oder weniger romantisch Gestimmten gelingt, politische, gewerkschaftliche Forderungen jenseits der Systemfrage zu formulieren. Dass man Goldman-Sachs-Leute für lange Zeit nicht mehr in öffentlichen Ämtern sehen will, wäre eine.