Sozialer Wohnungsbau:"Schlicht nicht hinnehmbar"

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Sozialwohnungen in Berlin. Die Nachfrage nach geförderten Unterkünften übersteigt das Angebot bei Weitem. (Foto: imago)

Die Zahl der geförderten Unterkünfte geht weiter zurück - trotz der Milliardenzuschüsse aus Berlin.

Die Zahl der Sozialwohnungen für Menschen mit geringem Einkommen ist im vergangenen Jahr weiter gesunken - trotz der Milliardenzuschüsse vom Bund an die Länder für den Neubau. 2017 gab es nur noch 1,223 Millionen Wohnungen mit Mietpreisbindung und damit 46 000 weniger als im Vorjahr. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen hervor.

Im Jahr 2006, als mit einer Reform die Zuständigkeit für den sozialen Wohnungsbau vom Bund auf die Länder überging, waren es noch 2,1 Millionen. Allerdings war die Zahl schon in den Jahren zuvor gesunken. 2002 gab es noch 2,5 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland.

Die Länder bekommen zwar Milliarden vom Bund für Sozialwohnungen, die Mittel sind bisher aber nicht zweckgebunden. Die Zahl der Wohnungen kann fallen, auch wenn neue gebaut werden. Denn die staatlich bezuschussten Wohnungen fallen nach einiger Zeit aus der Sozialbindung. Das geschieht etwa, wenn der Bauherr seinen geförderten Kredit abbezahlt hat.

Acht Prozent des vom Bund bereitgestellten Geldes floss in andere Zwecke

Der Rückgang sei "schlicht nicht hinnehmbar", sagte Chris Kühn, der wohnungspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag. Die Bundesregierung sei nicht in der Lage, die Negativspirale zu stoppen. "Der soziale und bezahlbare Mietwohnungsbau muss die Top-Priorität beim angekündigten Baugipfel sein", sagte Kühn. Bei der Regierungsbildung hatte das Innenministerium von Horst Seehofer (CSU) die Zuständigkeit für den Bau vom Umweltministerium übertragen bekommen.

"Die Länder machen derzeit noch nicht genug", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy. Sie seien rechtlich nicht verpflichtet, die Mittel des Bundes in Sozialwohnungen zu investieren. "Das wird geändert werden müssen." Nach Einschätzung von Immobilienverbänden müssen in Deutschland pro Jahr 350 000 bis 400 000 neue Wohnungen entstehen, davon nach Einschätzung des Mieterbunds 80 000 Sozialwohnungen. 2016 waren 24 550 neue Sozialwohnungen gebaut worden, 2017 waren es 26 231. Das waren deutlich mehr als in den Vorjahren - aber weniger Wohnungen als in derselben Zeit aus der Mietpreisbindung fielen und damit Teil des freien Wohnungsmarkts wurden.

Mit Abstand die meisten Sozialwohnungen gab es 2017 im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, nämlich 461 261. Am wenigsten Wohnungen für Menschen mit Wohnberechtigungsschein gab es im Saarland (825), in Sachsen Anhalt (3431) und in Mecklenburg-Vorpommern (6693).

Die vom Bund für 2017 insgesamt bereitgestellten Mittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro wurden nach Angaben der Länder "überwiegend zweckentsprechend für die Wohnraumförderung eingesetzt", wie es in einem Bericht der Bundesregierung vom Juli heißt. Rund acht Prozent des Geldes flossen in andere Bereiche, das betraf Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

© SZ vom 06.08.2018 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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