Sigmar Gabriel:Hinter verschlossenen Türen

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Sigmar Gabriel: "Ich bin nicht in die Politik gekommen, um zuzuschauen, wie Menschen etwas angetan wird." (Foto: Adam Berry/Getty Images)

Alles eine Frage der Rolle: Als Parteivorsitzender der SPD wettert Sigmar Gabriel immer wieder gegen Steuerhinterzieher, als Wirtschaftsminister hält er sich dagegen lieber zurück.

Von Klaus Ott, Katja Riedel, Berlin

Der enge Zeitplan erlaubt es ihm nur selten, dass er persönlich im Ausschuss für Wirtschaft und Energie erscheint. Am 13. April aber hat es sich der SPD-Chef und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nicht nehmen lassen, dort gleich zu zwei brisanten Komplexen zu sprechen. Zunächst verteidigte er sein Placet für die Fusion von Edeka und Tengelmann, für die er nun, Monate später, harsche Kritik hört. Dann ging es um die Enthüllungen der Panama Papers und die dunklen Geschäfte, die die Kanzlei Mossack Fonseca abgewickelt hatte. Gabriel gab sich im Ausschuss wütend. Er wetterte, dass der Rechtsstaat in seinen Grundfesten erschüttert sei. Der Minister holte aus: Wer bandenmäßig dabei helfe, Steuern zu hinterziehen, der solle bis zu zehn Jahre ins Gefängnis. Banken, die bei diesen Steuerstraftaten mitwirkten, sollten sogar ihre Lizenz verlieren können. Und aufarbeiten solle all das keine kleine, sondern eine wirklich große Staatsanwaltschaft: der Generalbundesanwalt. Organisierte Kriminalität sei ein Fall für ihn. Einige Maßnahmen, Steuerhinterziehung und Geldwäsche zu bekämpfen, hätten zwar Fortschritte gebracht, sagte Gabriel. Vieles stocke aber, weil es international mit der Kooperationsbereitschaft nicht weit her sei. Es waren klare Worte, die da hinter verschlossenen Türen fielen. Denn Bundestagsausschüsse sind nicht öffentlich - was hinausdringen soll, schafft es trotzdem. Gabriels Worte gehörten jedoch nicht dazu. Warum nicht? Vielleicht, weil all das, was nach so viel Entschlusskraft klang, einen Haken hat: Seine Forderungen waren weder neu noch eine Konsequenz aus dem Panama-Skandal. Bereits im Sommer 2012 hatte sich Gabriel aus der Elternzeit mit einem Thesenpapier gemeldet. Zentraler Punkt damals: Steuerhinterziehung und Beihilfe dazu seien keine "Sünden", sondern schwere Straftaten, die mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden könnten. Es gehe um organisierte Kriminalität. Und deshalb müsse der Generalbundesanwalt sich darum kümmern. Es war der Auftakt zu einem Bundestagswahlkampf, der sich auch gegen böse Banker richtete und an dessen Ende Deutschland einen Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bekam. Und nun? Auf konkrete Fragen an das Wirtschaftsministerium, was Gabriel denn jetzt plane, gibt es unkonkrete Antworten. Gabriel unterstütze den Zehn-Punkte-Katalog gegen Steuerbetrug, den Finanzminister Wolfgang Schäuble im April vorgelegt hatte. Außerdem befürworte Gabriel harte Sanktionen, eine Bankerlaubnis könne als Ultima Ratio entzogen werden. Zudem bringe man sich aktiv in einen Gesetzesvorschlag des Finanzministeriums ein, in dem es um Sanktionen gegen Briefkastenfirmen gehe. Auch international gebe es endlich Fortschritte, doch damit die Maßnahmen wirken könnten, brauche es Sanktionen gegen all jene, die bisher nicht kooperierten.

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