Siemens trennt sich von Wurzeln:Das teure Ende der Telefonsparte

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Weil das Management den Technologiefortschritt verschlafen hatte, können die einstigen Siemens-Aushängeschilder nur noch mit Sonderanreizen an Käufer losgeschlagen werden - erst die Handysparte an BenQ, dann SEN, nun SHC.

Thomas Fromm

Die Siemens-Welt war am 7. Juni 2005 noch in Ordnung, als Klaus Kleinfeld in München vor die Presse trat. Was an jenem Frühsommertag niemand ahnte: Der Siemens-Chef verkündete damals nicht nur den Verkauf des verlustreichen Handygeschäfts an den taiwanesischen BenQ-Konzern - im Grunde läutete er da auch schon das Ende der Traditionssparte Com ein.

Die Handysparte erhielt 350 Millionen Euro als Mitgift - die Trennung von SEN wird wohl eine Milliarde Euro kosten. (Foto: Foto: dpa)

350 Millionen nach Taipeh

Von einer "nachhaltigen Perspektive für unser Mobilfunkgeschäft" sprach Kleinfeld damals, und es klang überzeugend. 350 Millionen Euro überwies Siemens damals nach Taipeh - sozusagen als Mitgift dafür, dass man die ungewollte Tochter endlich unter der Haube hatte. Etwas mehr als ein Jahr später war es mit der "nachhaltigen Perspektive" vorbei - BenQ Mobile war pleite.

Längst hatte man da schon zum nächsten Schlag ausgeholt: Mitte 2006 legte Siemens sein Geschäft mit Kommunikations-Netzwerken mit der Sparte des finnischen Konkurrenten Nokia zu einem neuen Unternehmen zusammen. Folge: 9000 Arbeitsplätze fielen im Zuge der Zusammenarbeit weg.

Käufer schwer zu finden

Der schwerste Brocken stand dem Management aber noch bevor: Das Firmenkundengeschäft SEN. Einst mit den in Büros üblichen Telefonanlagen unterwegs, war es nun einer der großen Verlustbringer im Konzern. Jahrelang hatten die Manager nicht verstanden, dass zum Telefonieren auch Computerlösungen gehören.

Am Ende war es zu spät, der technologische Fortschritt der Konkurrenz war nicht mehr einzuholen. Jahrelang suchte Siemens nach einem Käufer, doch niemand fand sich - selbst Finanzinvestoren hatten offenbar mehr als einmal abgewunken.

Als Siemens Anfang der Woche mit der US-Beteiligungsgesellschaft The Gores Group seine Lösung präsentierte, war klar: Umsonst wird man die Relikte des einstigen Zukunftsgeschäfts mit Kommunikationstechniken auch diesmal nicht los. Wieder musste eine Mitgift mitgebracht werden - Siemens-Finanzchef Joe Kaeser schloss nicht aus, dass die Trennung von SEN bis zu eine Milliarde Euro kosten könnte.

Teure Mitgift

Am Freitag dann folgte der letzte Streich. Der Verkauf der Telefonsparte SHC läuft nach einem ähnlichen Muster ab wie der Ausstieg bei SEN: Siemens behält als Minderheitseigentümer einen Fuß in der Tür; lässt sich weitreichende Arbeitsplatz- und Standortgarantien geben - und gibt eine satte Mitgift mit auf den Weg.

Im Falle von SHC geht es um 50 Millionen Euro, gleichzeitig kann der neue Besitzer auf eine Kreditlinie von bis zu 20 Millionen Euro zurückgreifen. Denn das Geschäft sei eben doch sehr zyklisch und vieles hänge vom Weihnachtsgeschäft ab, so Kaeser. Man hat sich inzwischen daran gewöhnt: Die einstigen Aushängeschilder des Konzerns können heute nur noch mit Sonderanreizen für die Käufer losgeschlagen werden - zu verdienen ist damit nichts mehr.

© SZ vom 2.8.2008/jkr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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