Als Joe Kaeser im Sommer 2013 Siemens-Chef wurde, war er ein König ohne Reich. Der Konzern war aufgeteilt in vier Geschäftsbereiche, die sogenannten Sektoren. Alle waren sie umsatzstark genug, um theoretisch als eigenständige Unternehmen im Dax notiert zu sein. Drei der vier Sektoren hatten ihren Sitz fern der Zentrale. Nur der ab und an als "Resterampe" verspottete Infrastruktur-Sektor wurde von München aus geführt.
Anderthalb Jahre nach Kaesers Dienstantritt ist das alles anders. Kein Siemens-Chef der vergangenen Jahre war so einflussreich wie Kaeser. Der letzte Schritt zur Macht ist nun der Abbau von 7800 Arbeitsplätzen. Es ist kein gewöhnlicher Kahlschlag, wie ihn einfallslose Manager befehlen, wenn das Geschäft gerade schlecht läuft. Der Abbau dieser Stellen ist Teil einer Strukturreform, die Kaeser durchgesetzt hat. Er wolle die Bürokratie beschneiden, sagte er, als er die Pläne vor neun Monaten vorstellte. Seitdem schaffte er die Sektoren ab und stärkte die Zentrale. Viele Verwaltungsjobs sind nun überflüssig.
Sicherlich ist Bürokratieabbau sinnvoll bei einen Konzern, der gern als Industriebehörde apostrophiert wird. Doch am stärksten profitiert Kaeser selbst von der Reform. Die ehemals einflussreichen Vorstände, die Geschäfte mit Milliardenumsatz steuerten, überwachen nur noch als Quasi-Aufsichtsräte einzelne Bereiche. Die Macht hat jetzt der Chef. Siemens ist Kaeser-Reich.