Siemens:Ein Großauftrag

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Endlich einmal gute Nachrichten von der Bahnsparte von Siemens: Sie hat den Zuschlag bekommen, 82 Regionalzüge für den sogenannten Rhein-Ruhr-Express zu bauen. Die Züge werden in Krefeld und Wien hergestellt.

Von Christoph Giesen, München

Es ist nicht mal ein Jahr her, da bot Siemens-Chef Joe Kaeser die Zugsparte als Faustpfand in der Übernahmeschlacht um den französischen Industriekonzern Alstom an. Die Verunsicherung war danach bei vielen Mitarbeitern groß. Nun kann die Bahnsparte des Konzerns endlich auch einmal positive Nachrichten verbreiten: Siemens hat den Zuschlag bekommen, 82 Regionalzüge für den sogenannten Rhein-Ruhr-Express (RRX) zu bauen, gaben am Donnerstag die beteiligten Verkehrsverbünde aus Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Nordhessen bekannt. Die künftigen RRX-Doppelstockzüge haben bis zu 800 Sitzplätze. Die bisherigen Züge bieten nur zwischen 400 und 720 Fahrgästen Platz. Gebaut werden die Züge in Krefeld und Wien. Im Dezember 2018 soll der sogenannte Vorlaufbetrieb mit 15 Zügen beginnen. Von 2020 an sollen dann alle 82 Züge einsatzfähig sein.

Die ursprünglich parallel geplante Entscheidung über den künftigen Betreiber der Linien wurde vertagt. Es seien noch Details zu klären, teilten die Verbünde mit. Der Betreiber soll Schaffner und Lokführer für die fünf Regionallinien bereitstellen. Fünf Bahnunternehmen hatten sich beworben, darunter die Deutsche Bahn (DB Regio) und der britische Konkurrent National Express.

Das Gesamtvolumen des Siemens-Auftrages beträgt 1,7 Milliarden Euro. 800 Millionen kosten die Züge. Die verbliebenen 900 Millionen sind für die Instandhaltung und den Austausch von Zügen vorgesehen, da Siemens sich vertraglich verpflichtet hat, 32 Jahre lang dafür zu sorgen, dass die Züge fahren. Mindestens 99 Prozent der Züge müssen einsatzbereit sein, sonst drohen Vertragsstrafen. Gewartet werden sollen die Fahrzeuge in einem Depot in Dortmund.

In Deutschland galt bisher noch die klassische Aufgabenteilung im Personennahverkehr. Ein Betreiber, meistens die Deutsche Bahn, kauft Züge und wartet sie. Dies wird nun an Rhein und Ruhr erstmalig durchbrochen. Bei Siemens nennen sie es ein Lebenszyklusprojekt. In anderen Ländern ist das bereits Gang und Gäbe, etwa in Großbritannien. Im Vereinigten Königreich hält Siemens derzeit 1500 Elektro- und Dieselzüge, die zuvor in Krefeld gebaut wurden, in Stand. "Großbritannien ist unser größter Servicemarkt", sagt Jochen Eickholt, der das Bahngeschäft des Konzerns leitet. Aber auch in Spanien und Russland wartet Siemens die Züge selbst. In Spanien etwa hält der Konzern die Hochgeschwindigkeitszüge, die auf der Strecke zwischen Madrid und Barcelona zum Einsatz kommen, in einem Gemeinschaftsunternehmen mit der spanischen Staatsbahn flott.

Für Siemens ist der Service-Vertrag aus zwei Gründen interessant: "Zum einen sichern wir uns ein erhöhtes Auftragsvolumen über einen längeren Zeitraum", sagt Eickholt. Zum anderen "können wir an die Daten der Züge gelangen und sie optimieren. Das ist eine bessere Basis für unsere Ingenieure." Wissen also, das sowohl beim Beheben von Fehlern als auch später beim Design neuer Baureihen zum Einsatz kommt.

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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