Shopping auf Quelle.de:Die Entdeckung der Langsamkeit

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Mit seinem Abverkauf ist Quelle erstmals auch im Internet erfolgreich. Doch wer Schnäppchen sucht, wird auf harte Geduldsproben gestellt.

Johannes Kuhn

Zyniker würden es so formulieren: Kaum ist Quelle pleite, klappt es auch mit dem Internet. Die Marke, die den veränderten Bestellvorlieben der Kunden über Jahre keine Rechnung trug, wird für einige Zeit zu Deutschlands großem Internetkaufhaus, zum Gesprächsthema. Der Satz "Schon mal bei Quelle geguckt?" war wahrscheinlich seit den achtziger Jahren nicht mehr so populär.

Quelle-Internetseite: "Tausend Wünsche. Eine Quelle." (Foto: Foto: dpa)

Doch unfreiwillig erfüllt Quelle.de mit seiner Aktion auch das Klischee des Offline-Versandhandels, der seinem Ruf online nicht gerecht wird. Das beginnt bereits mit der Startseite: Wird sich die Generation der heute unter 20-Jährigen einmal an Quelle erinnern, so werden sie an große rote Banner denken, die "Deutschlands größter Ausverkauf!" schreien. Schwarz-rot mit heller Schrift, es scheinen die Farben des Niedergangs des deutschen Einzelhandels zu sein: Im Sommer bewarben bereits Hertie-Filialen mit dieser Farbkombination ihr letztes Hurra vor der Schließung.

Zehn Tage hatte das Unternehmen Zeit, sich auf den Abverkauf vorzubereiten. Anscheinend zu wenig, um noch ein paar zusätzliche Server zu bestellen. Am Sonntagvormittag war Quelle.de nach dem Ansturm der Schnäppchenjäger zusammengebrochen.

Auch am Montag simuliert die Seite zeitweise das reale Einkaufsgefühl in einem Kaufhaus an einem Adventssamstag: Es geht langsam voran. Nachdem die Seite bereits gestern 2,4 Millionen Mal besucht wurde, dürften es am Montag kaum weniger sein: Heute ist der Tag der Bürosurfer, die während ihrer Arbeitszeit von Rabatten von bis zu 30 Prozent angelockt werden.

Einige von ihnen werden dabei nostalgisch, andere schlicht genervt sein. "Tausend Wünsche. Eine Quelle", lautet das Motto des Unternehmens. Für zigtausend Wünsche scheint die Seite nicht gerüstet: Die Detailinformationen zu Produkten lassen sich oft nicht aufrufen. Wenn die Bilder eines Artikels einmal nicht angezeigt werden, wird zumindest die Phantasie angeregt; wo sonst Fotos zu sehen sind, stehen nun Sätze wie "Abbildung des Produkts Pullover".

Gnadenlose Urteile im Netz

Der Pressesprecher des Quelle-Insolvenzverwalters verspricht, das werde sich "in den nächsten Tagen einpendeln" und wirkt dabei so genervt, als hätte er gerade bemerkt, dass sein Lieblings-Wintermantel bereits vergriffen ist. "Unser Unternehmen befindet sich im Liquidationsprozess", sagt er, "da funktioniert nicht alles auf Anhieb perfekt." Wer wiederholt kurz vor Abschluss der Bestellung einen Serverzusammenbruch erlebt, kann dies schmerzhaft bestätigen.

Ein Vergnügen ist der Online-Einkauf bei Quelle deshalb am Montag nicht. Im Internet fallen die Urteile meist gnadenlos aus: "Quelle.de nach 30 Min. geladen", schreibt ein Nutzer der Mikroblogging-Plattform Twitter, "Produkt immer noch 16 EUR teurer im Vergleich zu Amazon". Andere Nutzer verzichten wegen der eingeschränkten Gewährleistung auf eine Bestellung oder ärgern sich, dass das Stöbern nur durch ein umständliches Klicken von Menü zu Menü möglich ist.

Dass der jetzige Verkauf nicht dazu dient, den Kunden aus Nostalgie die Produkte nachzuwerfen, haben die Sprecher des Insolvenzverwalters immer wieder betont. Der große Abverkauf ist vor allem der Versuch, die Insolvenzmasse zu steigern, damit die Gläubiger an ihr Geld kommen.

Zumindest in dieser Hinsicht ist der Internethandel auf Quelle.de ein voller Erfolg: Am Sonntag gingen innerhalb von 24 Stunden etwa 70.000 Bestellungen ein. Das ist ein Drittel mehr als der Verkaufsrekord im Weihnachtsgeschäft 2007.

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