Sharing Economy:Fön' dich reich

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Airbnb rät Gastgebern, einen Haartrockner bereit zu stellen - damit könnte man zehn Dollar mehr pro Nacht verdienen. Aus Sicht eines Gastes würde man sich aber anderes wünschen.

Von Lea Hampel

Unterschätzt wird vieles in der Welt, aber dass der Fön dazu gehört, nun ja, das war bisher nicht allzu bekannt. Und doch, Nathan Blecharczyk, Mitgründer der Unterkunft-Vermittlungsplattform Airbnb, verkündete als "praktischen Rat" auf einer Konferenz in San Francisco: ein Fön, der sei zehn Dollar wert, und zwar pro Nacht. So viel könnte dazuverdienen, wer als Gastgeber das Gerät zur Verfügung stelle. Noch sei das nicht so oft der Fall, weil viele Männer keinen Fön verwendeten und deshalb keinen in der Wohnung hätten.

Nun ist das Gerät tatsächlich nicht einfach ein Haartrockner. Für Fön oder gegen Fön, daran entfachen sich Grundsatzstreits, die der Frage, wie eine Zahnpastatube am besten leer wird, in nichts nachstehen - und letztere soll immerhin Scheidungen bedingt haben. Während einerseits mancher Friseur laut aufstöhnt ob der irreparablen Schäden, die zu heiße Luft verursacht, gibt es am anderen Ende des Spektrums Menschen, die ohne Fönvergnügen das Haus nicht verlassen.

Erfreulich wäre doch, man könnte als Gast wählen, auf was man verzichten will

Noch scheint das eine Minderheit, daher der Rat der Plattform. Es ist einer von vielen Tipps, die Wohnungsvermieter auch per Mail erreichen: Echte "Supergastgeber" nennen den Gästen ihre Lieblingsorte oder halten Snacks vorrätig. All das vermittelt die Firma, die sich trotz eines geschätzten Wertes von 27 Milliarden Euro noch als Start-up sieht, im gleichen Duktus: Sie gehört, wie artverwandte Unternehmen, zu den notorischen Dauerduzern - alles ist immer super, awesome und vor allem ist es total toll, dass gerade Du dabei bist und es wäre total toll von Dir, wenn Du einen Fön bereitstellst.

Ein Verdacht allerdings lässt sich nicht abschütteln: In einem Tonfall, der zwischen Kumpel und Morning-Show-Moderator changiert, lassen sich Tipps gut geben, die sonst schlicht besserwisserisch oder gar profitorientiert wirken würden. Denn wenn das mit den Fön klappt, hat Airbnb doppelt Erfolg: Schon länger versucht die Firma, Geschäftskunden besser zu erreichen - unter anderem durch besondere Standards für Wohnungen für Business-Kunden. Der Fön ist aus guten Gründen laut der deutschen Hotel-Klassifizierung nötig, um drei Sterne zu führen. Bei Airbnb entfällt die offizielle Klassifizierung zwar, aber mit Fön erhöht sich die potenzielle Kundenzahl und der Umsatz. Die Provision für Airbnb liegt, rechnet man Gebühren für Gäste und Gastgeber zusammen, bei etwa neun bis zwölf Prozent, also umgerechnet bei mindestens 82 Cent pro Nacht und Fön.

Aus Gästesicht wäre es allerdings am rentabelsten, einen Reisefön mitzubringen. Die gibt es ab 6,70 Euro. Wirklich erfreulich aber wäre es, wenn man anbieten könnte, auf was man verzichten beziehungsweise für was man mehr zahlen würde: So manchem Glatzkopf wäre schnelles Internet vermutlich mehr als zehn Dollar wert.

© SZ vom 18.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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