Schwere Vorwürfe gegen Siemens Energy:Von Mitarbeiter zu Mitarbeiter

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Der alte Erzrivale General Electric verklagt Siemens Energy wegen Industriespionage bei Ausschreibungen für Gasturbinen. Der Schaden soll bei einer Milliarde Dollar liegen.

Von Thomas Fromm, München

Der Vorwurf von des US-Konzerns General Electric (GE) wiegt schwer: Ein Mitarbeiter von Siemens Energy soll mitten in einem Bieterverfahren in den USA vertrauliche und wettbewerbsrelevante Informationen über das Angebot des US-Konkurrenten erhalten haben. Auf illegale Weise sollen die Deutschen damit an begehrte Großaufträge für Gasturbinen gekommen sein. Der Schaden beträgt laut GE rund eine Milliarde Dollar, weshalb der US-Industriekonzern nun Klage vor einem Bundesbezirksgericht im Bundesstaat Virginia eingereicht hat. Juristischer Ärger wegen mutmaßlicher Industriespionage mit dem alten Erzrivalen GE: Kurz nach der Abspaltung vom Mutterkonzern Siemens und nach dem Börsengang im vergangenen Herbst sind das für Siemens Energy keine guten Nachrichten. An der Börse brachen Aktien des Unternehmens zeitweise um über sieben Prozent ein.

Und so soll sich das Ganze abgespielt haben: Ein Mitarbeiter des regionalen Energieversorgers Dominion Energy soll einem Siemens-Mitarbeiter vor Ort vertrauliche Informationen zum Konkurrenz-Angebot von GE zugespielt und den Deutschen so damit massive Wettbewerbsvorteile verschafft haben. Zunächst einmal habe Siemens auf diese Weise wichtige Informationen bekommen, um damals im Sommer 2019 den Auftrag über 340 Millionen Dollar an Land zu ziehen. Dann seien diese Informationen auch an weitere Siemens-Kollegen weitergegeben worden, die an ähnlichen Gasturbinen-Projekten arbeiteten. Der "weitläufige und kalkulierte Diebstahl von GEs Geschäftsgeheimnissen" habe es Siemens dann ermöglicht, GE bei weiteren Bieterverfahren auszustechen und Aufträge zu gewinnen, so GE.

Siemens: "Haben umfassend reagiert."

Das beschuldigte Unternehmen aus Deutschland bemühte sich am Freitag um Schadensbegrenzung - und räumte den Fall grundsätzlich ein. Allerdings mit einigen zusätzlichen Details: Man habe die Sache "seinerzeit durch die eigene Compliance-Abteilung und mithilfe einer externen Kanzlei aufgedeckt und seine Erkenntnisse sowohl gegenüber dem Kunden als auch den Wettbewerbern offengelegt", so ein Siemens-Energy-Sprecher. Und man habe umfassend reagiert: So seien "Disziplinarmaßnahmen gegenüber betroffenen Mitarbeitern" umgesetzt worden, auch von einzelnen Mitarbeitern habe man sich getrennt.

Zudem seien die betreffenden vertraulichen Informationen "aus allen internen Systemen und Informationsquellen von Siemens Energy, einschließlich Datenbanken und Preismodellen", entfernt worden. Außerdem habe man "umfassende fallbezogene Compliance-Schulungen" für Mitarbeiter aufgesetzt, die mit Ausschreibungen wie der in den USA zu tun haben. Und schließlich habe man über den Fall bereits im Prospekt zum Börsengang im September berichtet und auf diese Weise seine Investoren vor "möglichen negativen Konsequenzen" gewarnt. Allerdings war da noch nicht von General Electric als betroffenem Unternehmen die Rede gewesen. Man habe jedoch "nie versucht", etwas zu vertuschen, heißt es bei Siemens. Auch sei der Vertrag sofort wieder gekündigt worden, man habe also keinen Profit aus der Angelegenheit gezogen. Von der Klage des Konkurrenten habe man selbst bisher nur aus den Medien erfahren.

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