Schweinepest:Hier stinkt's

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Ein Wildschwein in Neuschönau, Bayern: Hier kommt man einigermaßen aus mit Wildschweinen. In Brandenburg hingegen fürchtet man sich vor ihnen als Überträgern der Tierseuche. (Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Wie hält man Wildschweine davon ab, von Polen nach Deutschland einzuwandern? An der Grenze im Osten wappnet man sich gegen die Schweinepest - nicht nur mit Barrieren wie Zäunen.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Da steht er nun, der neue Grenzzaun nach Polen: 120 Kilometer lang und elektrisch geladen. Diesen Montag sollten die verbliebenen Meter fertig werden - eine Art letzte Haltelinie vor dem Übertritt der Afrikanischen Schweinepest nach Deutschland, gleich entlang von Oder und Neiße. "Schweine sind gute Schwimmer", heißt es im brandenburgischen Verbraucherschutzministerium. Der Fluss als natürliche Grenze helfe da nicht. Stattdessen sollen die vierbeinigen Einwanderer aus Polen nun an den Zäunen stranden. So die Hoffnung.

Seit Monaten breitet sich die Schweinepest Stück für Stück Richtung Westen aus, im November erreichte sie Westpolen. Damit, so heißt es in der jüngsten Risikobewertung des zuständigen Friedrich-Loeffler-Instituts, sei auch das "Risiko eines Eintrags nach Deutschland durch migrierende, infizierte Wildschweine nochmals deutlich gestiegen". Erst vorige Woche wurde ein infiziertes Tier gut 21 Kilometer von der deutschen Grenze entfernt gefunden. Die "Ausbreitung des Geschehens", heißt es auch in Mecklenburg-Vorpommern, lasse sich schwer abschätzen. Kurz vor Weihnachten hatte das Landwirtschaftsministerium an die Länder appelliert, nun alle Vorbereitungen für den ersten Schweinepest-Fall in Deutschland zu treffen.

Ob der mobile Elektrozaun das noch vereiteln kann, ist allerdings fraglich. Es handele sich um eine von mehreren Vorkehrungen, heißt es in dem Brandenburger Ministerium. "Uns ist völlig klar, dass so ein Zaun keine hundertprozentige Sicherheit darstellt", sagt ein Sprecher. Dem Anrennen einer ganzen Rotte werde er kaum standhalten. Jäger sind aufgefordert, von jedem toten Wildtier, das sie entlang der Grenze finden, Proben zu nehmen, die dann in einem Labor untersucht werden. In den Landkreisen, die an Polen grenzen, soll zudem mehr Schwarzwild gejagt werden, um die Bestände potenzieller Überträger zu dezimieren. Auch alle Schweinehalter des Landes sind informiert. Die Seuche ist für den Menschen ungefährlich, überträgt sich aber leicht zwischen den Tieren. Wildschweine könnten sie einschleppen und dann auf Hausschweine etwa in der Tiermast übertragen.

Das Virus hat sich am stärksten in Polen und im Baltikum ausgebreitet, aber auch in Rumänien und Bulgarien. Freitag hatten Behörden in Sofia entschieden, 24 000 Schweine eines Mastbetriebs im Nordosten Bulgariens keulen zu lassen. Dort war das Virus ausgebrochen. Auch in China und Südostasien grassiert die Krankheit.

In Tschechien dagegen gelang es, sie einzudämmen - auch mit der konsequenten Einzäunung betroffener Gebiete. Kilometerweise Zaun liegt deshalb derzeit auch in Ostdeutschland auf Vorrat. Sollte tatsächlich ein erster Fall in Deutschland auftreten, ließe sich so die Fundstelle weiträumig absperren. Wildschweine kämen nicht mehr rein und nicht mehr raus.

Dass es so weit gar nicht erst kommt, dafür sollen auch Düfte sorgen. Denn neben den provisorischen Grenzzäunen sollen an neuralgischen Stellen unschöne Duftstoffe die Wildschweine vergrätzen. Etwa an Brücken, die sich schwer absperren lassen, soll Geruch die Wildschweine zur Umkehr veranlassen. Ohnehin droht die Ausbreitung des Virus auch über Straßen - etwa durch Fernfahrer, die weite Distanzen zurücklegen. Jedes weggeworfene Wurstbrot kann den Virus tragen, und das wochenlang.

© SZ vom 07.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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