Schweigen bei Apple:Es fehlen die Worte

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Never say crash - sprich nie vom Absturz: Der Computerkonzern Apple gibt angeblich vor, was Verkäufer sagen dürfen und was nicht. Das Unternehmen selbst schweigt dazu. Und dieses Schweigen hat Methode.

Sibylle Haas

Es könnte eine Erfolgsstory sein: Mitarbeiter gründen Betriebsrat und setzen Rechte durch. Doch nichts dergleichen ist zu hören. Stattdessen herrscht Schweigen. Dabei hat der erste Betriebsrat eines Apple-Stores in München schon einiges erreicht. Hat zum Beispiel höhere Löhne durchgesetzt, oder Lärm-Messungen in den Läden auf den Weg gebracht - wegen des Krachs dort.

Schweigen, wenn es unangenehm wird: Apples Kommunikationsstrategie stößt oft auf Unverständnis. (Foto: dapd)

Doch zu allem gibt es kein Wort. Weder von der Betriebsratschefin, noch von Apple selbst. Schriftlich eingereichte Fragen beantwortet die deutsche Tochter des US-Computerkonzerns nicht. Kein Kommentar zur Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat. Keine Antwort zur Entlohnung. Stattdessen eine lapidare Mail: "Apple kommentiert diese Fragen nicht in der Öffentlichkeit". Der Satz ist bekannt.

Kein "Absturz", sondern nur "keine Antwort"

Schweigen gehört zur Kommunikationsstrategie von Apple. Unliebsame Fragen werden abgeblockt. Erzählt wird nur, was der Firma gefällt. Lobpreisungen der schönen neuen iWelt etwa. Etwa so, wie es in einem Apple-Arbeitsbuch stehen soll, das in Auszügen im Technikblog Gizmodo kursiert.

Klare Vorgaben gibt es dort angeblich. Anweisungen an Verkäufer und Berater, was sie sagen dürfen und was nicht. Auf dem Index etwa steht das Wort "crash", Absturz. "Never say crash", heißt es in dem Blog. Apple-Computer stürzen eben nicht ab, sondern sie "antworten nicht". "Probleme" sind in der iWelt "Situationen" oder "Bedingungen".

Die Laptops laufen natürlich nicht "heiß", sondern sie "erwärmen sich" und die Produkte sind keinesfalls "nicht kompatibel", sondern "arbeiten nicht zusammen". Das Schulungsbuch soll sogar die Körpersprache vorschreiben: Wer Nase oder Augen reibt, signalisiere Geheimnistuerei, wer den Kopf in die Hand stützt, zeige Langeweile und wer auf der Stuhlkante sitze, sei aufgeschlossen und kooperativ.

Ziel aller Anweisungen sei es, dem Kunden ein gutes Gefühl zu vermitteln. Er soll glücklich und zufrieden mit einem Kaufvertrag in der Tasche den Laden wieder verlassen. Denn: Jeder Verkäufer hat ein Ziel - verkaufen. Soweit der Blog.

Es passt ins Bild, dass den Verkäufern das Wording vorgegeben wird. Immerhin bestimmen gerade sie das Image der Firma in den Läden mit. Zudem sind Handlungsanweisungen und Sprachregelungen auch in anderen Unternehmen nicht unüblich. Dies soll nach außen ein einheitliches Erscheinungsbild und eine klare Kundenansprache sicherstellen.

"Wir dürfen frei reden"

Umso erstaunlicher ist es, dass Apple selbst die Frage, ob es einen solchen Sprach-Kodex gibt, mit der üblichen Reaktion beantwortet: Kein Kommentar. Auch die Betriebsratschefin im Apple-Store in der Münchener Innenstadt sagt, eine Sprachregelung gebe es nicht. "Wir dürfen frei reden." Doch davon ist wenig zu spüren. Angeblich darf der Betriebsrat noch nicht einmal intern sagen, um wie viel Prozent die Löhne erhöht worden sind.

Sie sage nichts in der Öffentlichkeit über ihre Arbeit, sagt die Betriebsratsvorsitzende. Es sei klar, warum Betriebsräte gegründet werden - weil einiges geregelt werden müsse. Seit Januar ist das neunköpfige Gremium im Amt.

Erst in der vergangenen Woche war Betriebsversammlung. Etwa 200 Leute sollen dort gewesen sein. Von der Gewerkschaft Verdi war niemand da. Die für Apple zuständigen Gewerkschafter waren im Urlaub oder hatten etwas anderes zu tun.

Wir sind Dienstleister für den Betriebsrat", sagt Georg Wäsler, Handelsexperte bei Verdi in München. Verdi hat den Beschäftigten im vorigen Jahr geholfen, die Betriebsratswahlen vorzubereiten. Dies sei aber konstruktiv vom Management begleitet worden, räumt die Gewerkschaft ein. Inzwischen seien die Betriebsräte rechtlich geschult worden und das Gremium habe ja auch einiges erreicht.

Noch vor einigen Monaten prangerte die Gewerkschaft schlechte Löhne an. Sie seien so mies, dass Überstunden nötig seien, um in den Ballungszentren wie München oder Hamburg einigermaßen über die Runden zu kommen, hieß es damals. Die Löhne seien inzwischen deutlich gestiegen. Doch konkreter will auch die Gewerkschaft nicht werden. Dabei wäre das beste Werbung für die Gewerkschaft, die auch in anderen Städten, wie Frankfurt oder Hamburg, eigene Betriebsräte in den Apple-Stores anstrebt. Immerhin hätte Verdi gerne, dass Apple seine Mitarbeiter nach dem Tarifvertrag für den Einzelhandel bezahlt. Doch die Firma habe einen eigenen Entlohnungsrahmen mit leistungsbezogenen Elementen.

Schlechte Bezahlung ist weltweit nicht unüblich bei Apple. In den USA haben die Verkäufer sich deshalb in einer gewerkschaftsähnlichen Organisation, der "Apple Retail Workers Union" zusammengeschlossen. Und in Asien steht der Konzern wegen schlechter Arbeitsbedingungen bei Zulieferbetrieben in der Kritik. Die Mitarbeiter haben offenbar wenig vom Erfolg der iPhone-Handys, iPad-Tablets, iPod-Abspielgeräte und Mac-Computer.

Und Apple? Ist gemessen an der Marktkapitalisierung von 631 Milliarden US-Dollar derzeit die wertvollste Firma der Welt.

© SZ vom 31.08.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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