Schrempp vor Gericht:Kam die Ad hoc ad hoc?

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Absprachen? Unsinn. Jürgen Schrempp erklärt vor Gericht, wie sein Abgang bei Daimler-Chrysler ablief. Es geht um den genauen Zeitpunkt - und um Schadenersatz in Millionenhöhe.

Vorabsprachen hat es nie gegeben. Das sagt zumindest der ehemalige Daimler-Chrysler-Chef Jürgen Schrempp über seinen ziemlich unrühmlichen Abgang bei dem Autohersteller. Für ihn sei erst mit der Entscheidung des Aufsichtsrates definitiv klar gewesen, dass er vorzeitig von seinem Posten zurücktritt, sagte Schrempp vor dem Oberlandesgericht Stuttgart.

Ankunft Schrempp: Gut gebräunt erscheint der ehemalige Daimler-Chrysler-Chef beim Gericht in Stuttgart. (Foto: Foto: dpa)

Der Zeitpunkt von Schrempps Rücktritt birgt eine gewisse Brisanz. Denn es gibt Menschen, die es brennend interessiert, wann der Abgang des mächtigen Managers feststand. Es sind vor allem Aktionäre, die für Verluste entschädigt werden wollen. Insgesamt geht es um mehrere Millionen Euro.

Grund für den Zorn der Aktionäre ist der rasante Kursanstieg der Daimler-Chrysler-Aktie nach der Bekanntgabe des Schrempp-Abgangs. Zu diesem Zeitpunkt hatten etliche Aktionäre ihre Papiere schon verkauft. Wären sie eher informiert gewesen, so das Argument, hätten sie die Aktien noch länger behalten. Die Aktionäre zogen vor Gericht.

Knackpunkt des Rechtsstreits ist, ob bereits vor Veröffentlichung der Mitteilung eine "hinreichenden Wahrscheinlichkeit" für den Führungswechsel bestand. Diese Definition nach dem Wertpapierhandelsgesetzes und die Unterscheidung zwischen einer "hinreichend wahrscheinlichen Absicht" und einer "möglichen Absicht" ist entscheidend für die Beurteilung des Falls: Hat ein börsennotiertes Unternehmen konkrete Pläne, die den Kurs beeinflussen können, müssen diese nämlich unverzüglich in einer Ad-hoc-Mitteilung veröffentlich werden.

"Meine Frau war entschieden dagegen"

Nun sollte Schrempp dem Gericht also erklären, wie sein Rücktritt denn ablief. Der 64-Jährige sagte, er habe sich erstmals im Mai 2005 mit dem Gedanken befasst, aus dem Unternehmen auszuscheiden. Es habe ein erstes Gespräch darüber mit dem damaligen Aufsichtsratschef Hilmar Kopper gegeben. Er habe zu keiner Zeit eine Erklärung abgegeben, dass er einseitig aus dem Vorstand ausscheiden wolle, sagte Schrempp: "Ich war selbst unsicher. Meine Frau war entschieden dagegen."

Der Konzern selbst hatte zuvor mehrfach bekräftigt, er sei seinen Informationspflichten im Zusammenhang mit dem Schrempp-Abgang nachgekommen und sehe den Klagen daher gelassen entgegen.

Der Anwalt der Kleinanleger, Felix Weigend, sagte, der Gesamtbetriebsratschef des Konzerns, Erich Klemm, sei einige Zeit vorher über den Vorgang informiert gewesen. Einen Tag vor der endgültigen Entscheidung hätten zwölf von 20 Aufsichtsratsmitgliedern von Schrempps Plänen Bescheid gewusst. Damit sei gegen Insiderregeln verstoßen worden.

Sitzung ohne Tagesordnung

Schrempp sagte, er habe seinen heutigen Nachfolger Dieter Zetsche informiert, dass er einer der Kandidaten für den Posten des Vorstandschefs sei. Zuvor hatte Daimler-Anwalt Marco Sustmann berichtet, dass auch das damalige Vorstandsmitglied Eckhard Cordes ein möglicher Schrempp-Nachfolger sein könnte. Es habe zwei Kandidaten gegeben.

Daimler verwies darauf, dass zu der entscheidenden Aufsichtsratssitzung ohne Tagesordnung eingeladen worden sei, damit die Pläne nicht vorher bekanntwerden. Schrempp sagte, er wusste nicht, wie die Entscheidung im Aufsichtsrat ausfallen werde.

Das Stuttgarter Oberlandesgericht hat den Fall um die angeblich zu späte Mitteilung vom Schrempp-Rücktritt neu aufgerollt, weil ein erstes Urteil vom Bundesgerichtshof aufgehoben worden war. Im ersten Verfahren waren die Kleinanleger abgeblitzt. Schrempp war am 28. Juli 2005 zurückgetreten.

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