Schmiergeldskandal:Früherer Siemens-Finanzvorstand unter Verdacht

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Die Justiz ermittelt im Schmiergeldskandal nun auch gegen den einstigen Pierer-Vertrauten Heinz-Joachim Neubürger.

Klaus Ott und Caspar Busse

Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt im Schmiergeldskandal bei Siemens nun auch gegen einen der ehemals engsten Vertrauten des früheren Konzernchefs und heutigen Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich von Pierer, Heinz-Joachim Neubürger.

Stellte sich der Staatsanwaltschaft: Heinz-Joachim Neubürger. (Foto: Foto: dpa)

Der ehemalige Finanzvorstand steht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung im Verdacht, von schwarzen Kassen des Konzerns gewusst und dubiose Zahlungen gedeckt zu haben.

Neubürger, 54, der Siemens im April 2006 überraschend verlassen hatte, ist nach Thomas Ganswindt der zweite frühere Konzernvorstand, gegen den die Staatsanwaltschaft in dem laufenden Korruptionsverfahren ermittelt.

Noch keine öffentliche Stellungnahme

Neubürger wollte sich am Donnerstag nicht zu den Ermittlungen äußern. Der ehemalige Finanzvorstand, der für seinen Rückzug im vergangenen Jahr ,,persönliche Gründe'' angegeben hatte, will offenbar den weiteren Verlauf des Verfahrens abwarten, ehe er öffentlich Stellung nimmt.

Bei einer Vernehmung durch die Staatsanwaltschaft am Dienstag dieser Woche bestritt Neubürger, in den Skandal verwickelt zu sein.

Um den Termin hatte Neubürger nach Angaben von Siemens selbst gebeten. Im Gegensatz zu anderen Beschuldigten, die zwischenzeitlich in Untersuchungshaft saßen, blieb Neubürger auf freiem Fuß. Für kommende Woche ist eine weitere Vernehmung vorgesehen.

Schwer belastet

Geständige Manager und Angestellte von Siemens hatten Neubürger im Dezember schwer belastet. Sie sagten bei der Staatsanwaltschaft aus, er sei als Finanzvorstand frühzeitig über schwarze Kassen informiert gewesen und habe versucht, fragwürdige Zahlungsvorgänge zu vertuschen.

Neubürger sagte Mitte Dezember, er habe von den Korruptionsfällen im Unternehmensbereich Telekommunikation (Com) als Mitglied des Konzernsvorstandes nichts gewusst: ,,Wir im Vorstand sind offenbar hinters Licht geführt worden.'' Der Finanzvorstand dieses Unternehmensbereichs habe die Geschäfte von Com stets als korrekt bezeichnet.

Mindestens 200 Millionen Euro

Nach bisherigen Erkenntnissen der Fahnder sind über Jahre hinweg mindestens 200 Millionen Euro für Zahlungen abgezweigt worden, bei denen Siemens nicht als Geldgeber auftauchen sollte.

Mehrere Beschuldigte gestanden, weltweit seien Mitarbeiter von Geschäftspartnern und Ministerien bestochen worden, um wertvolle Informationen und lukrative Aufträge zu erhalten. Der Konzern prüft inzwischen fragwürdige Zahlungen in Höhe von 420 Millionen Euro.

Nummer zwei im Konzern

Neubürger war 1989 zu Siemens gekommen und rückte 1998 zum Finanzvorstand auf. Er war somit die Nummer zwei im Konzern. Neubürger wurde sogar als Nachfolger des Vorstandschefs Pierer gehandelt, bevor dieser Anfang 2005 auf den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden wechselte. Vorstandsvorsitzender wurde dann jedoch Klaus Kleinfeld.

Pierer hält trotz Kritik von Kleinaktionären bei Siemens an seinem Posten fest. Ihm wird vorgeworfen, er sei als Chef des Kontrollgremiums der falsche Mann für die Aufarbeitung des Skandals, da der Großteil der Schmiergelder offenbar in Pierers Amtszeit als Vorstandschef gezahlt wurde.

Kleinaktionäre wollen Entlastung verhindern

Mehrere Kleinaktionäre wollen bei der Hauptversammlung am 25. Januar verhindern, dass der Vorstand und der Aufsichtsrat entlastet werden.

© SZ vom 12.01.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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