Schlecker:"Wir sind nicht im Wilden Westen"

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Die Empörung wächst: Die Drogeriekette Schlecker soll Frauen in die Leiharbeit gedrängt haben. Politiker aller Couleur schäumen - Schlecker dementiert.

Arbeiten für immer weniger Geld? Werden bei Schlecker Festangestellte systematisch schlechter gestellt?

Kassiererin in einer Schlecker-Filiale: Frauen sollen systematisch in die Leiharbeit gedrängt worden sein. (Foto: Foto: ddp)

Die Drogeriekette Schlecker hat die Lohn-Dumping-Vorwürfe von Gewerkschaft und Politik zurückgewiesen. Die Arbeitsbedingungen bewegten sich vollkommen im Rahmen des allgemein Üblichen und entsprechen darüber hinaus in jedem Fall den geltenden Bestimmungen, betonte das Unternehmen.

Die Gewerkschaft Verdi wirft Schlecker vor, festangestellte Mitarbeiter in neue Verträge mit deutlich schlechteren Arbeits- und Einkommensbedingungen zu zwingen. Politiker aus verschiedenen Parteien griffen die Vorwürfe inzwischen auf und forderten Konsequenzen.

Von der Leyen: "Wir gucken genau hin"

Auch die Bundesregierung prüft die Lohndumping-Vorwürfe gegen Schlecker. "Bei Schlecker gucken wir sehr genau hin, ob da Missbrauch betrieben wird oder ob Gesetze umgangen werden", sagte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Anne Will".

Schlecker ersetzt angeblich Teile der Stammbelegschaft durch Leiharbeiter, die nur die Hälfte des üblichen Gehalts bekommen. Die Regierung will notfalls Gesetze ändern, um Lohndumping zu verhindern.

Von der Leyen sagte in der ARD, falls es Missbrauch gebe oder Gesetze umgangen würden, müssten diese Schlupflöcher geschlossen werden, "dann müssen wir gesetzlich nachsteuern".

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sei bei jeder Zeitarbeitsfirma beauftragt, eine Lizenz zu vergeben, die regelmäßig erneuert werden müsse. "Da gibt es also auch Mechanismen. Wir sind ja nicht im Wilden Westen", sagte die CDU-Politikerin.

Überprüfung der Konzession

Eine Sprecherin des Arbeitsministeriums sagte in Berlin, die Zeitarbeit als Instrument an sich habe sich bewährt. Im Fall Schlecker gehe es zunächst einmal darum, die Sachverhalte zu prüfen. Da seien "mehrere Rechtsfragen offen. Die gilt es zu klären." Möglich sei eine Überprüfung der Konzession durch die BA.

"Als letzte Option" wäre daran zu denken, gesetzlich nachzusteuern. Von der Firma Schlecker sei eine Stellungnahme angefordert worden. "Die liegt noch nicht vor", sagte die Sprecherin.

Schlecker argumentierte nun, dass Verdi bereits in der Vergangenheit "gezielte Desinformations- und Diffamierungskampagnen" betrieben habe. "Es muss befremdlich erscheinen, dass nun Politiker, deren Parteien seit langem stets die Flexibilisierung der Arbeitsverhältnisse gefordert und gesetzlich gefördert haben, nun hier - offenkundig aus populistischen Motiven - mit einzustimmen scheinen!", hieß es weiter.

Die Lohngestaltung bei Schlecker beschäftigt seit einigen Wochen schon den Bundestag.

Ende November wollte die Abgeordnete der Linksfraktion, Sabine Zimmermann, von der Bundesregierung in einer mündliche Fragestunde wissen, welche rechtlichen Schlussfolgerungen die Bundesregierung daraus ziehe, "dass das Unternehmen Schlecker versucht, mit der Zeitarbeitsfirma Meniar einen mit der Gewerkschaft Verdi geschlossenen Tarifvertrag über Lohn- und Arbeitsbedingungen im Unternehmen zu unterlaufen."

Büro am Konzernsitz

Zimmermann verwies dabei auf einen Medienbericht, wonach "der Geschäftsführer dieser Zeitarbeitsfirma jahrelang Toppersonalmanager bei Schlecker war und ein Büro am Konzernsitz unterhält".

Zimmermann erklärte, Schlecker entlasse die eigenen Beschäftigten und stelle sie über diese Leiharbeitsfirma wieder ein, dies aber nicht zu denselben Bedingungen, sondern mit einem bis zu 50 Prozent geringeren Einkommen. Statt vorher 12,80 Euro die Stunde erhielten sie über Meniar nun 6,50 Euro.

Die Bundesregierung hatte damals "keine eigenen unmittelbaren Erkenntnisse in dieser Sache".

Die Regierung sei "kein Forschungsinstitut, dessen Aufgabe es wäre, solchen Einzelfällen nachzugehen. Hierfür sind andere Instanzen zuständig. Die zuständigen Gerichte müssen sich mit diesen Fragen beschäftigen", erklärte der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Hans-Joachim Fuchtel.

"Strohmann-Konstruktion"

Vor gut drei Wochen rief der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Ulrich Maurer, zum Boykott "der neuen Schlecker-XL-Läden" auf. "Das skandalöse Lohndumping der Firma Schlecker durch Leiharbeit auf Basis einer Strohmann-Konstruktion muss sofort durch Intervention der Bundesregierung beendet werden", erklärte er außerdem.

Die Grünen wollen in einer am Freitag gestellten Kleinen Anfrage von der Regierung wissen, wie sie "die Substitution von Stammbelegschaften durch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer bewertet". Eine solche Entwicklung zeige sich derzeit "exemplarisch bei Schlecker". Die Fraktion will zudem wissen, ob die Bundesregierung Kenntnis von weiteren Fällen hat.

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