Schärfere Regeln für Banken:Wie du mir, so ich dir

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Das Klima wird rauer zwischen USA und Europa. An den Finanzplätzen in Frankfurt (li.), London (M.) und New York sorgt das für Unruhe. (Foto: Reuters (2), AFP)

Brüssel schlägt zurück: Weil Europas Banken in den USA härtere Auflagen erfüllen müssen, will die EU-Kommission nun die Regeln für ausländische Institute verschärfen.

Von Alexander Mühlauer und Meike Schreiber, Brüssel/Frankfurt

In der Europäischen Kommission war man zornig. Was die USA da vor zwei Jahren aufführten, sei nichts anderes als Protektionismus, lautete der harte Vorwurf an die Regierung in Washington. Es ging um die Frage, warum Europas Banken in den Vereinigten Staaten stärker belastet werden sollten als amerikanische. Schon damals war klar, dass die EU sich das nicht gefallen lassen würde.

Nun ist es so weit, Brüssel schlägt zurück. Die EU-Kommission will ausländischen Banken, die in der Europäischen Union Geschäfte machen, deutlich härtere Auflagen machen. Sie sollen einen weitaus größeren Kapitalpuffer vorhalten, um besser gegen Krisen gewappnet zu sein. So steht es im Entwurf des Kommissionsvorschlags, der an diesem Mittwoch präsentiert werden soll.

Die Pläne aus Brüssel sollen all jene Banken treffen, die mindestens 30 Milliarden Euro in der EU verwalten. Das wären vor allem große Institute aus den USA und Asien. Geht es nach der EU-Kommission, sollen die Geldhäuser eine neue Einrichtung zwischen ihrem Mutterkonzern im Ausland und der europäischen Tochtergesellschaft schaffen. Diese soll mit so viel Kapital ausgestattet sein, dass sie wie eine eigenständige Firma aufgestellt ist. Der europäische Ableger soll also unabhängig vom Mutterhaus sein - und vor allem solide. Im Fall einer Bankenkrise oder bei Turbulenzen auf den Finanzmärkten soll der Ableger weder auf Hilfe aus der Zentrale noch vonseiten des Staates angewiesen sein.

Die Vorschläge sind Teil des Ziels, die Eigenkapitalregeln für Banken anzupassen. Sollte sich die Kommission damit durchsetzen, dürften die Kosten für große US-Banken wie Citigroup, Goldman Sachs oder JP Morgan Chase bei Geschäften in der EU steigen. Für besonderes Aufsehen sorgen die Brüsseler Pläne schon jetzt in London. Denn nach einem Brexit könnten auch auf britische Institute wie HSBC oder Barclays zusätzliche Kosten zukommen. Es ist ein weiteres Signal aus Brüssel, dass der EU-Austritt für Großbritannien teuer werden könnte. Vor allem für den Finanzplatz London.

In Richtung USA agiert die Brüsseler Behörde nach dem Motto "Wie du mir, so ich dir". Denn die Vereinigten Staaten haben bereits ähnliche Regeln für ausländische Geldhäuser eingeführt. Europas große Banken müssen ihrerseits seit 1. Juli deutlich höhere Anforderungen erfüllen, wenn sie in den USA Geschäfte machen wollen. Seither nämlich behandeln die US-Aufsichtsbehörden sie wie selbständige amerikanische Banken, die unabhängig von der Unterstützung durch ihre Zentralen ausreichend Kapital und Liquidität vorhalten und außerdem einen großen Teil ihres Geschäfts unter einer neuen Zwischenholding bündeln müssen.

Diese Regeln greifen ab einer bestimmten Größe und treffen vor allem nichtamerikanische Investmentbanken wie die Deutsche Bank, die britische HSBC oder die Schweizer Häuser UBS und Credit Suisse. Zwar stehen dahinter gute Absichten; man will Krisen verhindern sowie die Abwicklung der Institute erleichtern. Weil die Regeln zugleich aber ausländische Banken in den USA einseitig belasten, waren sie in der europäischen Finanzbranche von Beginn an umstritten.

Ohnehin nämlich haben Europas Banken zuletzt immer weiter Marktanteile an ihre US-Konkurrenten verloren. Nicht nur in den USA, selbst in Europa werden sie zunehmend verdrängt. Augenfälligstes Beispiel war die Übernahme des US-Saatgutkonzerns Monsanto durch den Pharmakonzern Bayer - ein lukrativer Deal für Investmentbanker, bei dem aber vor allem US-Institute beratend zur Seite standen.

Die Deutsche Bank spielt sogar einen Teilrückzug von der Wall Street durch

Kein Wunder, dass man sich in Europas Großbanken inzwischen immer dringlicher die Frage stellt, ob und wie man vor allem in den USA künftig noch Geld verdienen kann. Die Deutsche Bank etwa spielt derzeit sogar einen Teilrückzug von der Wall Street durch, andere erwägen ihre Kräfte zu bündeln.

Im Falle der Deutschen Bank ist das Verhältnis zu den USA sowieso äußerst angespannt. Im September nämlich wurde publik, dass das US-Justizministerium Deutschlands größtem Geldhaus eine Strafe von 14 Milliarden Dollar androht. Sollte es wirklich dazu kommen, würde das die Bank wohl in eine existenzielle Krise stürzen. Zwar haben die amerikanischen Behörden nach der Finanzkrise auch ihre eigenen Banken mit vielen Milliarden zur Kasse gebeten, gleichwohl aber brachten in Europa viele den Fall in Verbindung mit den Steuernachforderungen der EU-Kommission an den US-Technologiekonzern Apple.

Zu spüren ist die zunehmende Verstimmung inzwischen sogar bei den Verhandlungen zu neuen Eigenkapitalregeln für Banken, in der Branche "Basel 4" genannt. Dabei geht es vor allem um die Frage, wie Großbanken die Höhe ihrer Eigenkapitalreserven für Kredite berechnen. Diesen wollen die Amerikaner nun enge Grenzen setzen. Für Europas Banken aber ist das Regelwerk in seiner aktuellen Fassung nicht akzeptabel, weil es zu deutlich höheren Kapitalanforderungen für heimische Institute führen würde. Felix Hufeld, der Präsident der deutschen Finanzaufsicht Bafin, hat mehrfach gedroht, die Verhandlungen platzen zu lassen.

Völlig unklar ist, ob die Vereinigten Staaten unter dem neuen Präsidenten Donald Trump die in der Finanzkrise erschaffenen Regulierungen zurückfahren - oder nicht. "Glaubt man Trumps Wahlkampfankündigungen, werden wir bald ganz andere Probleme bekommen, als unsere Banken jetzt schon in den USA haben", sagt ein EU-Beamter.

© SZ vom 23.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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