Sanierung:Münchner Investor übernimmt Schlecker-Tochter Ihr Platz

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Wie könnte Schlecker gerettet werden? Gewerkschafter sagen: Nicht alleine über billige Preise. Sie favorisieren das Konzept eines Mini-Supermarktes, der mehr anbietet als nur Drogerieartikel. Für die Tochterkette Ihr Platz ist derweil ein Käufer gefunden.

Die Drogeriekette Schlecker ist insolvent, mehr als 10.000 Mitarbeiter entlassen, die Marke quasi ruiniert. Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz sucht seit Wochen nach potentiellen Investoren und einem zukunftsfähigen Konzept für Schlecker.

Auch die Gewerkschaft Verdi beteiligt sich an der Suche nach einer Lösung für die Neuaufstellung des Konzerns. Die Idee: Aus der Drogerie könnte eine Art Mini-Supermarkt werden, mit mehr Lebensmitteln und Artikel für den schnellen Einkauf im Sortiment, ähnlich wie an Tankstellen.

"Man wird noch mehr Produkte des täglichen Bedarfs anbieten müssen, die über den Drogeriebereich hinausgehen", sagte der Verdi-Verhandlungsführer Bernhard Franke den Stuttgarter Nachrichten. Da die Drogeriekette im Kernsortiment bis zu 15 Prozent teurer als die wichtigsten Wettbewerber sei, könne sie über den Preis allein nicht bestehen.

"Wer aber bei einer Tankstelle abends auf dem Nachhauseweg noch schnell eine Flasche Wein kaufen möchte, schaut auch nicht auf den letzten Cent", so der Gewerkschafter, der das Mini-Supermarkt-Konzept als eine Möglichkeit sieht, um das Überleben der insolventen Drogeriekette langfristig zu sichern.

Schlecker-Mitarbeiter bieten Verzicht auf 98 Millionen Euro an

Schlecker hatte Ende Januar Insolvenz angemeldet, nachdem das Unternehmen jahrelang Verluste gemacht hatte. Nachdem Gespräche über eine Auffanggesellschaft gescheitert waren, hatte die Drogeriekette Ende März etwa 2000 Filialen geschlossen und mehr als 10.000 Beschäftigte entlassen.

Die etwa 13.500 verbliebenen Schlecker-Mitarbeiter gehen nun auf die Drogeriekette zu: "Wir wollen, dass der Prozess weitergeht und die Rettung möglich wird", sagte Verdi-Sprecherin Christiane Scheller. Die Beschäftigten böten Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz eine Einsparung der Lohnkosten in Höhe von 98 Millionen Euro an. Die Gewerkschaft schließt allerdings weiterhin Mehrarbeit und Gehaltskürzungen aus. Stattdessen sind die Mitarbeiter der Gewerkschaft zufolge bereit, auf Weihnachts- und Urlaubsgeld zu verzichten sowie fällige Lohnerhöhungen zu verschieben.

Insolvenzverwalter Geiwitz hatte allerdings einen Beitrag von 141 Millionen Euro gefordert, das entspricht einer Senkung der Personalkosten von 15 Prozent über drei Jahre. Die Gewerkschaft sieht das als zu hoch an und stellt Bedingungen: Sie will einem Beitrag der Mitarbeiter nur dann zustimmen, wenn Geiwitz betriebsbedingte Kündigungen während der Sanierung ausschließt. Außerdem erwartet Verdi ein zukunftsfähiges Fortführungskonzept für Schlecker und Einblick in die Pläne künftiger Investoren.

Nur 800 der 10.000 entlassenen Schlecker-Mitarbeiter hätten bisher einen neuen Arbeitsplatz gefunden, so Verdi-Vorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Zwar gebe es im deutschen Einzelhandel etwa 25.000 offene Stellen, allerdings stünden ihnen zwölfmal so viele Arbeitssuchende entgegen. Auch seien viele dieser Arbeitsplätze keine tariflich bezahlten Vollzeitstellen, sondern Teilzeit- oder Minijobs.

Die Arbeitnehmervertreter weisen außerdem auf eine Gruppe hin, die besonders stark unter der Schlecker-Pleite zu leiden habe: Altersteilzeit-Beschäftigte - um immerhin 1000 Fälle gehe es dabei . "Leute mit 60 Jahren plus müssen der Jobvermittlung zur Verfügung stehen - mit absehbar schlechten Chancen", sagte ein Verdi-Sprecher. Im Tarifvertrag war vor der Insolvenz die Aufstockung des Gehalts auf 82 Prozent der Bruttovergütung vereinbart worden. Nun gelten die gesetzlichen Ansprüche von 50 Prozent. "Das ist eine echte Lücke in der Rechtslage", sagte Bernhard Franke.

Dubag übernimmt Schlecker-Tochter Ihr Platz

Die Schlecker-Tochter Ihr Platz soll einem Bericht zufolge bereits einen neuen Besitzer gefunden haben. Die mit ihrer Muttergesellschaft in die Insolvenz gegangene Drogeriekette aus Osnabrück gehe komplett an die Münchner Beteiligungsgesellschaft Dubag, berichtet die Wirtschaftswoche unter Berufung auf an den Vorgängen beteiligte Personen.

Demnach stehen die Verhandlungen zwischen Ihr-Platz-Insolvenzverwalter Werner Schneider und Dubag kurz vor dem Abschluss. Der neue Investor wolle alle 480 noch bestehenden Filialen von Ihr Platz erhalten und die auf 4700 Mitarbeiter geschrumpfte Belegschaft nicht weiter zusammenstreichen, berichtet die Wirtschaftswoche weiter.

Auch das Management aus Schlecker-Zeiten werde nicht ausgetauscht, sondern solle durch weitere Führungskräfte unterstützt werden. In einem Brief vom Dienstag habe Schneider bereits die Lieferanten darüber informiert, dass er nach "langwierigen Verhandlungen" mit Dubag handelseinig sei.

Die Münchner Beteiligungsgesellschaft hat ihr Interesse an einem Kauf von Ihr Platz inzwischen auch öffentlich kundgetan: "Ich bestätige Gespräche mit der Insolvenzverwaltung", sagte Dubag-Vorstand Michael Schumann. Das Unternehmen ist nach eigenen Angaben spezialisiert auf den Erwerb und die Neupositionierung von Unternehmen in Sondersituationen.

© Süddeutsche.de/AFP/dapd/olkl/sks - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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