Russland:Internetzensur gegen Drogensucht

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Russlands Präsident will die Internetsperren im Land ausbauen und findet dafür eine überraschende Begründung: Das Netz sei für den Drogenmissbrauch im Land verantwortlich.

Kremlchef Dmitri Medwedew will die Freiheit im Internet einschränken und Seiten mit Drogen-Propaganda in Russland sperren lassen.

Russlands Präsident Dmitri Medwedew: Offene Drogenpropaganda schwächt Russlands Wirtschaftskraft. (Foto: dpa)

Es sei kriminell, im Internet den Drogengebrauch zu erklären und zu verherrlichen, sagte Medwedew am Montag nach Angaben der Agentur Interfax. Deshalb müssten die Provider solche Seiten schließen, betonte der Präsident bei einer Sitzung in der sibirischen Stadt Irkutsk.

Menschenrechtler und Kremlkritiker befürchten immer wieder, dass in Russland unter dem Vorwand von Verbrechensbekämpfung die freie Nutzung des Internets eingeschränkt wird.

So hatten sich Teile des Inlandsgeheimdienstes FSB zum Schutz der nationalen Sicherheit für Einschränkungen der Internetnutzung einschließlich der sozialen Netzwerke ausgesprochen. Die Regierung ließ entsprechende Pläne dementieren.

Medwedew verwies nun auf die 2,5 Millionen Drogenabhängigen in Russland. Da die meisten Süchtigen unter 30 Jahre alt seien, treffe dies den produktivsten Teil der Bevölkerung, sagte Medwedew. Der Erfolg von vorbeugenden Initiativen sei sehr gering. Deshalb sei ein härteres Durchgreifen nötig. Es gebe mehr als 10.000 Seiten mit offener Drogen-Propaganda, kritisierte Medwedew.

Sperrliste des Ministeriums

Dem aktuellen Bericht "Freedom of the Net" der US-Nichtregierungsorganisation Freedom House zufolge gilt das Internet in Russland noch als "teilweise frei". Zwar werden populäre Dienste wie Facebook oder YouTube nicht geblockt, doch fanden sich im Januar 2011 bereits 748 Seiten auf einer Sperrliste des Justizministeriums. Rechtsgrundlage dafür ist ein umstrittenes Gesetz gegen Extremismus.

Nachbarland Estland macht es besser: Es kommt im Bericht als das Land mit den geringsten Einschränkungen bei der Internet-Nutzung auf Platz eins, gefolgt von den USA und Deutschland. Für die Rangliste wurden Aspekte wie Hürden für den Zugang zum Internet, inhaltliche Einschränkungen und Verletzung von Nutzer-Rechten bewertet. Die härtesten Einschnitte bei der Internet-Nutzung gibt es demnach in Iran, Birma, Kuba und China.

In 12 der 37 Länder die Video-Plattform wurden Freedom House zufolge YouTube, das Online-Netzwerk Facebook und der Kurznachrichtendienst Twitter oder ähnliche Angebote zeitweise oder dauerhaft gesperrt. In 23 Ländern kamen Blogger oder Internet-Nutzer ins Gefängnis für Inhalte, die sie ins Netz gestellt hatten.

© sueddeutsche.de/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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