Schaumweine:Rosige Zukunft

Lesezeit: 2 min

Im November kam der erste Prosecco Rosé aus dem italienischen Veneto in den Handel. (Foto: Consorzio Prosecco DOC/oh)

Cool, gesellig, fotogen: Rosé, der Schönling unter den Weinen, ist in Mode. Jetzt dürfen auch die Schaumwein-Winzer aus dem Veneto prickelnden Rosato herstellen - und legen ein berauschendes Debüt hin.

Von Ulrike Sauer, Rom

Es war kein Jahr, in dem die Korken knallten. "2020 gab es kaum Grund zum Feiern", sagt Giancarlo Moretti Polegato, Inhaber der größten Privatkellerei im Prosecco-Gebiet. Die Angst vor der Pandemie belastet die Menschheit, nicht aber sein Geschäft. Villa Sandi, das Weingut der Familie Moretti Polegato, hörte auch im Corona-Jahr nicht auf zu wachsen. Und für Polegato ging 2020 ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Im November brachten die Schaumwein-Winzer aus dem Veneto ihren ersten Prosecco Rosé in den Handel. Das Debüt war berauschend: In wenigen Wochen wurden weltweit 15 Millionen Flaschen verkauft. Eine Million ging auf das Konto der Villa Sandi.

Mit der fulminanten Markteinführung des prickelnden Rosé setzen die Prosecco-Hersteller lässig ihren Erfolgskurs auf dem Weltmarkt fort. Das Premieren-Kontingent war schon vor der Abfüllung verkauft. Für 2021 rechnet man im Konsortium in Treviso damit, den Absatz auf 40 Millionen Flaschen zu erhöhen. "Der Prosecco Rosé DOC ist die Kirsche auf unserer Torte", sagte Luca Giavi, Generaldirektor des Konsortiums, bei der Auftaktshow.

Die Winzer aus dem "Garten Venedigs" springen auf einen fahrenden Zug auf. Die Nachfrage nach Rosé ist in den vergangenen Jahren weltweit stark gestiegen. Frisch, cool, gesellig und fotogen - der Schönling unter den Weinen ist groß in Mode. Auch die Konkurrenten aus dem Ausland bieten ihren Champagner oder Cava in elegantem Rosa an. Den Prosecco-Herstellern verbat bisher die kontrollierte Herkunftsbezeichnung mit dem staatlichen Gütesiegel DOC auf den Flaschenkorken die lukrative Erweiterung des Angebots. Bisher galt: Prosecco darf nur aus Trauben der weißen Rebsorte Glera gekeltert werden. "Uns wurmte, dass wir von dem Markt ausgeschlossen waren", sagt Polegato, einer der eifrigsten Antreiber der Rosé-Offensive im Nordosten Italiens. Es dauerte zwei Jahre, bis die Variante die bürokratischen Hürden im Landwirtschaftsministerium in Rom und in der EU-Hauptstadt genommen hatte.

Die rote Rebe verleiht dem Jahrgangsprosecco Farbe, Struktur und Duftnoten von Erd- und Blaubeeren

Das neue Produkt gibt den Massenherstellern im Flachland Venetiens die Chance, ihren Schaumwein aufzuwerten. Die weißen Glera-Trauben werden beim Rosé mit zehn bis 15 Prozent Pinot Noir verschnitten. Die rote Rebe verleiht dem Jahrgangsprosecco nicht nur Farbe, sondern auch Struktur und die Duftnoten von Erd- und Blaubeeren. Zur Zweitgärung nach dem Charmat-Verfahren bleibt der Wein statt 30 Tage mindestens 60 Tage im Drucktank und erhält seine cremige Perlage. Der Aufwand schlägt sich im Preis nieder. Er liegt zehn Prozent über dem weißen Prosecco.

In Italien halten viele den Rosato für ein Mittelding zwischen Weißwein und Rotwein. Man spricht dem Blickfang traditionell Charakter ab. Er gilt als einfacher, sommerlicher Wein oder als Aperitif. Das sieht man in Frankreich, dem größten Rosé-Hersteller der Welt, von jeher anders. Ebenso in den USA, wo regelrecht eine Rosé-Manie herrscht, in Großbritannien oder in Deutschland, dem drittgrößten Abnehmer von Rosé. Aus diesen Ländern bestürmte der Handel die Prosecco-Hersteller, rosa Bläschen zu liefern. 90 Prozent des ersten Rosé-Jahrgangs gingen in den Export. "Das ist der Kotau vor dem Trend", sagt Per Soehlke von der Weinhandelsagentur Smart Wines in Köln. Die Winzer aus Venetien hätten eben nicht länger anderen den schäumenden Markt überlassen wollen.

"Niemand hat sich vorgestellt, dass unsere Zukunft so rosig sein würde." Stefano Zanette, Chef des Prosecco-Konsortiums. (Foto: Consorzio Prosecco DOC/oh)

Schon die Einführung der Herkunftsbezeichnung 2010 hatte den Aufstieg des mediterranen, unkomplizierten Prosecco zum Lifestyle-Getränk beflügelt. Die Produktion verdreifachte sich auf 486 Millionen Flaschen. 77 Prozent gehen ins Ausland. "Niemand hat sich vorgestellt, dass unsere Zukunft so rosig sein würde", sagt Stefano Zanette, Chef des Prosecco-Konsortiums. Nicht einmal die Pandemie stoppte den Höhenflug. Ja, sagt Zanette etwas verlegen, er möge es nur flüstern, aber man sei 2020 weitergewachsen. Um 1,7 Prozent stieg die Produktion in den ersten elf Monaten. Ganz anders ergeht es den alteingesessen Edelwinzern in der Champagne. Keine Feste, keine Empfänge, kein Glamour - die französischen Luxuskellereien bleiben wohl auf einem Drittel ihrer Jahresproduktion sitzen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: