Es ist ein Urteil von grundsätzlicher Bedeutung: Eine Bank darf von Kunden bei einem Sparvertrag keine negativen Grundzinsen verlangen, auch nicht, wenn darauf ein höherer Bonuszins kommt und der Zins damit unterm Strich positiv wird. So entschied das Oberlandesgericht Stuttgart im Streit zwischen der Kreissparkasse Tübingen und der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg (Az. 4 U 184/18). Es kassierte damit ein Urteil des Landgerichts Tübingen, das im Juli 2018 zugunsten der Sparkasse entschieden hatte.
"Damit ist klargestellt, dass ein Darlehenszins grundsätzlich nicht ins Negative rutschen darf", sagte Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale. Die Tübinger Sparkasse sei das erste Institut, über das Verbraucher sich deswegen beschwert hätten. Andere Geldhäuser hätten es aber bereits angedeutet. Negativzinsen einzuführen und mit Bonusansprüchen zu verrechnen, dies sei nun schwieriger geworden.
Negativer Zins ist "mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Darlehensregelungen nicht vereinbar"
Das Oberlandesgericht entschied, dass die Kreissparkasse Tübingen bei ihrem Riester-Sparplan "Vorsorge-Plus" Klauseln verwendete, die intransparent seien und die Verbraucher "unangemessen benachteiligen". Die Sparkasse vertrieb das Produkt von 2002 bis 2015.
Beispiel eines Vertrages von 2011: Darin heißt es, es gebe einen variablen Grundzins von aktuell 1,1 Prozent, der "am Ende des Geschäftsjahres gutgeschrieben" werde. Hinzu kommt ein Bonuszins, die mit der Zeit gestaffelt steigt - bis auf 1,75 Prozent nach 21 Jahren Vertragslaufzeit.
Der Kunde stellte nach einigen Jahren fest, dass sein gutgeschriebener Zins unter dem Bonuszins lag. Er ging zur Verbraucherzentrale, und die fand heraus, dass die Kreissparkasse den Grundzins 2016 ins Negative gesenkt hatte, zunächst auf minus 0,4 Prozent. Das stand auch im Preisaushang. Hintergrund war vermutlich, dass auch die Europäische Zentralbank von Banken seit 2014 einen Negativzins verlangt, wenn diese bei ihr Geld kurzfristig parken.
Das Landgericht hatte noch entschieden, dies sei keine "unangemessene Benachteiligung von Verbrauchern", da "bis heute kein Sparer in Summe ein Entgelt" bezahlen habe müssen. Das Oberlandesgericht sieht das anders: Ein negativer Zins sei "mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Darlehensregelungen nicht vereinbar", gerade bei einem Riester-Vertrag, bei dem es um Vorsorge für das Alter gehe.
Zudem sei intransparent, nach welchen Kriterien der variable Grundzins berechnet wird. "Die Botschaft ist klar: Negativzinsen haben in einem Sparvertrag nichts verloren, sie dürfen auch nicht von einem Bonus abgezogen werden", sagt Verbraucherschützer Nauhauser. Die Sparkasse kann gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof in Revision gehen.