Es ist eine Erfolgsgeschichte aus der ganz speziellen World-Wide-Web-Welt, die in den vergangenen Wochen zu einem der rätselhaftesten Kriminalfälle der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte wurde. Mit hippen Typen in den Hauptrollen, mit zerbrochenen Freundschaften, Intrigen und rätselhaften Todesfällen. Es ist die Geschichte von Unister, dem Internet-Start-up einer Handvoll BWL-Studenten in Leipzig, das binnen weniger Jahre zum Konzern mit - in besten Zeiten - mehr als 1500 Mitarbeitern und einer halben Milliarde Euro Umsatz wuchs.
Millionen Deutsche buchen auf den Unister-Portalen ihre Reisen: Sie haben Namen wie "fluege.de", "ab-in-den-urlaub.de" oder "billigfluege.de". Im Ausland gibt es etliche Ableger.
Der Fall Unister, es ist insbesondere die Geschichte von Thomas Wagner, dem Schöpfer dieses Imperiums. Ein Mann, den sein Freund Konstantin Korosides für nicht weniger als "ein Genie" hält. Sollen die Staatsanwälte doch ermitteln, einsperren und anklagen was und wen sie wollen, sollen die Medien doch weiter mit Schmutz werfen. "Es war wie früher in der Schule", sagt Korosides. "Thomas war der Schulhof-Boss und es gab genug Jungs, die ihm gefolgt sind, weil er top war. Er war unser Held."
Als sie zum letzten Mal telefonieren, kam ihm der Freund bedrückt vor
Mitte Juli starb dieser Thomas Wagner im Alter von 38 Jahren bei einem mysteriösen Flugzeugabsturz in Slowenien. Zuvor hatte er in Venedig frisches Geld für sein schwankendes Internetunternehmen auftreiben wollen und war dabei an Betrüger geraten. Statt eines Millionenkredits jubelten sie ihm Falschgeld unter. Eine Woche bevor das Unglück geschah, hinter dem Korosides ein Verbrechen vermutet, haben die beiden noch miteinander telefoniert. Bedrückt sei ihm der Freund am Telefon vorgekommen, erinnert er sich. Und so recht kann Korosides es sich nicht verzeihen, dass er ihn darauf nicht angesprochen, dass er nicht nachgehakt hat. Nun ist es zu spät, denn Thomas Wagner ist tot.
Unmittelbar nach dem Unglück kippte Unister. Die Muttergesellschaft und ein Dutzend Tochterfirmen beantragten Insolvenzverfahren. Und dann ist da auch noch der jahrelange Ärger mit Justiz und Finanzbehörden. Er gipfelt in zwei Anklagen der Generalstaatsanwaltschaft Dresden. Es geht um Steuerhinterziehung, den unerlaubten Verkauf von Versicherungen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrug beim Online-Verkauf von Flugtickets an mehr als 87 000 Kunden. Die Vorwürfe richten sich gegen Wagner und andere Unister-Manager.
Wie konnte es überhaupt so weit kommen? Wie wurde aus einem charmanten Start-up-Unternehmen ein unübersichtlicher Konzern und schließlich ein Fall für die Justiz?