Pro Sieben Sat 1:Ab in die erste Liga

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Steigender Umsatz, hoher Gewinn: Pro Sieben Sat 1 zieht demnächst wohl in den Deutschen Aktienindex ein - als erste Medienfirma überhaupt.

Von Caspar Busse

Thomas Ebeling, 56, macht gerade schwere Zeiten durch. Der Vorstandsvorsitzende des Münchner Fernsehunternehmens Pro Sieben Sat 1 Media ist schon immer ein Anhänger des Fußballvereins Hannover 96. Die Niedersachsen rangieren in der Bundesliga derzeit abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Der Abstieg in die Zweite Liga steht dem desolaten Verein bevor, und damit möglicherweise der Sturz in die Bedeutungslosigkeit.

Ganz anders die Lage bei Pro Sieben Sat 1: Bereits in der kommenden Woche könnte die Deutsche Börse die Beförderung des Unternehmens beschließen. Dann nämlich wird Pro Sieben Sat 1 aller Voraussicht nach den Düngemittelproduzenten K+S im Deutschen Aktienindex (Dax) ersetzen und damit künftig zu den 30 wichtigsten börsennotierten Unternehmen in Deutschland gehören. Der Aufstieg in die erste Börsenliga wäre bemerkenswert. Denn erstmals würde damit ein Medien- und Internetunternehmen dem Dax angehören. Erst im vergangenen September wurde der Immobilienkonzern Vonovia in den Dax befördert, als Ersatz für die Chemiefirma Lanxess.

"Das ist etwas, was nicht nur mich persönlich, sondern alle Kollegen hier mit Stolz und Freude erfüllt", sagte Ebeling. Er wäre damit endlich am Ziel. Die Dax-Mitgliedschaft ist vor allem ein Prestigegewinn, die Aktie wird künftig stärker von Investoren beachtet und nachgefragt. Der Fernsehkonzern ist derzeit an der Börse rund zehn Milliarden Euro wert und damit mehr als etwa Commerzbank, RWE, Lufthansa oder Thyssen-Krupp. Das ist durchaus überraschend, machte Pro Sieben Sat 1 2015 doch einen Umsatz von lediglich knapp 3,3 Milliarden Euro, viel weniger als die anderen Dax-Unternehmen. Dafür sind die Geschäfte der Münchner nicht nur wachstumsstark (ein Plus von 13,4 Prozent im Jahr 2015), sondern auch gewinnträchtig. Der operative Gewinn erhöhte sich 2015 um neun Prozent auf 926 Millionen Euro, das ist eine Gewinnmarge von 28,4 Prozent. Unter dem Strich steht noch ein Jahresüberschuss von 467,5 Millionen Euro. Die Dividende soll auf 1,80 Euro je Aktie erhöht werden, das ist für die Anleger eine Rendite von 3,8 Prozent. Schon seit längerem versucht Ebeling, die Aktie als langfristiges Dividendenpapier zu positionieren.

Quotenbringer beim TV-Sender Pro Sieben: Heidi Klum (li.) wirbt mit Model Christin für die neue, die elfte Staffel von "Germany's next Topmodel". (Foto: ProSieben/Richard Huebner)

Außerdem expandiert das Fernsehunternehmen seit Jahren in das Internetgeschäft, um sich unabhängiger von den schwankenden Werbeeinnahmen zu machen. Der Bereich kommt bereits auf einen Umsatz von rund 850 Millionen Euro - Tendenz steigend. Zuletzt hat der Konzern auch zugekauft, etwa das Vergleichsportal Verivox oder den Online-Vermittler von Flugreisen, Etraveli. Weitere Akquisitionen von Onlinefirmen seien geplant, sagt Ebeling. Dafür stünden in diesem Jahr etwa 500 Millionen Euro bereit, fügt Finanzvorstand Gunnar Wiedenfels an. Dabei werde sich das Unternehmen nicht wie andere auf journalistische Abo-Modelle konzentrieren, sondern auf die Bereiche Lebensmittel, Reisen oder Beauty. Das Konzept ist, die Marken mit Fernsehwerbung auf den eigenen Sendern bekannt zu machen und dann von steigenden Geschäften zu profitieren. Damit verfolgt Pro Sieben Sat 1 eine andere Strategie als etwa Axel Springer ( Bild, Welt). Die Berliner setzen auf Abo-Modelle und mediennahe Onlinegeschäfte. Zuletzt hatten beide Unternehmen einen Zusammenschluss in Erwägung gezogen, waren aber wieder davon abgerückt.

Weitere Spartensender sind geplant, zum Beispiel einer für Dokumentationen

Der wichtigste Bereich von Pro Sieben Sat 1 ist aber nach wie vor das Fernsehgeschäft. Die Sender der Gruppe haben 2015 einen Marktanteil von 29,5 Prozent erzielt und liegen damit etwa gleichauf mit der RTL-Gruppe, die zum Bertelsmann-Konzern gehört. Dabei stagnierten die beiden großen Sender Sat 1 und Pro Sieben mit Erfolgen wie Germany's Next Topmodel. Die kleineren Spartensender legten dafür zu.

Dazu gehören Kabel 1, der Frausensender Sixx, Sat 1-Gold und Pro Sieben-Maxx. Ebeling kündigte nun die Gründung weiterer kleinerer Kanäle an. Geplant sei etwa ein Dokumentationssender, der "breite Zuschauerschichten" erreichen soll. Geld für teure Fußballrechte will die Gruppe nicht ausgeben. Als Interessent für die Free-TV-Rechte gilt neben ARD und ZDF auch RTL.

Die Geschichte von Pro Sieben Sat 1 ist sehr wechselvoll, ebenso wie die des Bezahlsenders Sky (siehe rechts). Sat 1 wurde einst als erster Privatsender von Leo Kirch mitgegründet, Pro Sieben von dessen Sohn Thomas. Nach dem Zusammenbruch der Kirch-Gruppe stieg der US-Medienunternehmer Haim Saban ein, der dann an Finanzinvestoren weiterverkaufte. Die zogen sich vor zwei Jahren schrittweise zurück. Als Ebeling, ein ehemaliger Pharmamanager, 2009 das Unternehmen übernahm, lag der Aktienkurs unter einem Euro und stieg später auf zwischenzeitlich über 50 Euro. Am Donnerstag wurde zudem der Amerikaner Jan Frouman, 44, in den Vorstand berufen, er soll für Sender und Inhalte zuständig sein.

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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