Private Krankenversicherung:Höhere Beiträge machen schlechte Stimmung

Lesezeit: 2 min

Manche Privatpatienten werden mit kräftigen Aufschlägen konfrontiert. Die Versicherer wollen anders kalkulieren.

Von Ilse Schlingensiepen, Köln

Im Herbst und im Frühjahr gibt es für viele Privatpatienten schlechte Nachrichten. Die privaten Krankenversicherer (PKV) teilen den Versicherten dann die künftigen Prämien mit. In zahlreichen Fällen kommt es zu kräftigen Aufschlägen im zweistelligen Prozentbereich.

Die großen Beitragssteigerungen gehören zu den Argumenten, die Anhänger einer Bürgerversicherung für das Ende der PKV in jetziger Form anführen. Hinter ihnen steckt aber keine Willkür, sondern das komplizierte Kalkulationssystem der Branche. "Während die gesetzliche Krankenversicherung jedes Jahr automatisch steigende Beiträge erhält, muss die PKV jeweils warten, bis der Kostenanstieg starre Schwellenwerte übersteigt", sagt der Direktor des PKV-Verbands Volker Leienbach.

Die Anbieter dürfen ihre Beiträge nur anpassen, wenn in einem Tarif die sogenannten auslösenden Faktoren anspringen. Das sind Änderungen in der durchschnittlichen Lebenserwartung und vor allem die steigenden Leistungsausgaben. "Die Ausgaben im Gesundheitswesen steigen stärker als die allgemeine Inflation", sagt Clemens Muth, Vorstandsvorsitzender des zweitgrößten PKV-Unternehmens DKV. Das liege nicht zuletzt an den medizinischen Innovationen, die häufig mit hohen Kosten verbunden sind.

Liegen die tatsächlichen Versicherungsleistungen um mehr als zehn Prozent über den einkalkulierten, muss der Versicherer die Beiträge anpassen. Dabei muss er alles berücksichtigen, was Einfluss auf die Kalkulation haben kann. Das ist zurzeit vor allem die Niedrigzinsphase. Sie macht es den Unternehmen immer schwerer, mit den von den Kunden angesparten Alterungsrückstellungen am Kapitalmarkt den veranschlagten Rechnungszins zu verdienen.

"Auf mehrere Jahre Beitragsstabilität kann ein abrupter Anstieg folgen."

Kommen mehrere Faktoren zusammen, drohen heftige Aufschläge. "Auf mehrere Jahre Beitragsstabilität kann ein abrupter Anstieg folgen", sagt Verbandsdirektor Leienbach. Die Folge sind verärgerte Kunden, selbst wenn es in den zurückliegenden Jahren keine Erhöhung oder nur geringere Anpassungen gab. "Man erinnert sich nicht an die stabilen Beiträge", sagt DKV-Chef Muth.

Die Branche wirbt seit Längerem bei der Politik für eine Änderung der Kalkulationsgrundlagen. "Der Ansatz mit den auslösenden Faktoren hat sich als zu komplex erwiesen", findet Muth. "Eine regelmäßigere Anpassung wäre sachgerechter." Nach einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa im Auftrag des PKV-Verbands sehen das auch viele Kunden so. Von 2027 befragten Personen ab 18 Jahren sprachen sich 64 Prozent für kleine, jährliche Anpassungen anstatt großer Erhöhungen alle paar Jahre bei Mieten, Strom oder Versicherungen aus.

Im Einklang mit Verbraucherschützern habe die PKV konkrete Vorschläge für eine stetigere Beitragsanpassung gemacht, sagt Leienbach. "Der Gesetzgeber hat sie bisher leider nicht aufgegriffen." Das lag nach Angaben von Branchenvertretern vor allem an der SPD. Die Union hat demnach durchgesetzt, dass die PKV als solche nicht in Frage steht. Die SPD wollte im Gegenzug der Branche auch nicht mit kleinen Schritten helfen, sondern die Bürgerversicherung auf der Tagesordnung halten.

Der Chef des Bundes der Versicherten Axel Kleinlein sieht das Prinzip der stetigen Anpassungen skeptisch. Insgesamt müssten die Verbraucher auf diesem Weg mehr zahlen, warnt Kleinlein. Seiner Meinung nach müssten die Versicherer von Anfang an höhere Prämien verlangen. "Dann kann man die Verträge aber noch schlechter verkaufen. Das wollen die Versicherer nicht."

© SZ vom 07.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: