Postbank:Alle wollen Deutschlands größtes Privatkundeninstitut

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Neben der Deutschen Bank haben HypoVereinsbank und Commerzbank Interesse an einer Übernahme. Damit wird ein Börsengang zunehmend unwahrscheinlicher.

Von S. Boehringer, U. Brychcy, H. Einecke und N. Piper

Die Deutsche Post wartet auf ein verbindliches und detailliertes Angebot der Deutschen Bank. "Vorher wird es keinerlei Präferenzen für neue Eigentümer geben", verlautete am Dienstag aus der Unternehmensspitze in Bonn.

Demnach wären Vorstand und Aufsichtsrat der Post nach SZ-Informationen nun gewillt, eine konkrete Offerte der Deutschen Bank zu prüfen. "Das Spiel ist noch nicht zuende", sagte ein Beteiligter. Bislang hatte Post-Chef Klaus Zumwinkel öffentlich immer klar für einen Börsengang votiert.

Für den Fall einer Absage der für 21. Juni vorgesehenen Aktienemission fordert die Commerzbank, den Verkauf öffentlich auszuschreiben.

In diesem Fall erwartet die Post einen Bieterwettkampf. Nach SZ-Informationen hat sich für den Fall des Scheiterns einer Übernahme durch die Deutsche Bank die HypoVereinsbank (HVB) bereits für Verhandlungen mit der Post-Tochter ins Gespräch gebracht.

Finanzkreise rechnen auch mit einem Angebot der Commerzbank. Von der Dresdner Bank ist bekannt, dass sie noch unter dem Ex-Vorstandschef Bernd Fahrholz und bereits nach der Übernahme durch die Allianz über einen Kauf der Postbank verhandelt hatte. Alle drei Banken gehören wie die Deutsche Bank zum Beratungsstab der Postbank beim Börsengang.

Angst um Arbeitsplätze

Anlegerschützer und Kapitalmarktexperten hatten die Doppelrolle der Deutschen Bank als Konsortialführer und möglicher Käufer der Postbank kritisiert, da sie "Interessenskonflikte" mit sich bringe.

Die Deutsche Bank habe einen detaillierten Einblick in die Bücher der Postbank und dadurch "gegenüber anderen Kaufinteressenten einen Informationsvorsprung", den sie womöglich ausnutze, wird befürchtet.

Der Postspitze geht es dem Vernehmen nach beim Verkauf der Postbank nicht nur um einen möglichst hohen Erlös, der von Zumwinkel zuletzt auf deutlich über sechs Milliarden Euro (für die gesamte Bank) angesetzt wurde.

Neben einem spürbaren Aufpreis gegenüber der Börsenbewertung - Experten rechnen im Falle eines Mehrheitsverkaufs an einen Interessenten mit einer so genannten Kontrollprämie von bis zu 30 Prozent - möchte die Post bei den Verhandlungen auch teilweise die künftige Strategie sowie einige Nebenabreden und Konditionen zwischen Postbank und dem Mutterkonzern weiterreichen. So zahlt die Postbank der Mutter für die Mitnutzung der Postfilialen jährlich mehr als 400 Millionen Euro.

Dies soll, unabhängig von der künftigen Eignerstruktur, auch langfristig so bleiben. Von der Deutschen Bank würde zudem erwartet, dass sie die sehr hohen Spareinlagen der Postbank auf dem internationalen Kapitalmarkt ertragsstärker anlegt.

Nach bisherigen Planungen will die Post die Milliarden aus dem Verkauf ihrer Banktochter für ihre weltweite Expansion verwenden. Postchef Zumwinkel schaut sich derzeit weitere internationale Beteiligungen an, um den Logistikkonzern als "wirklichen Global Player" etablieren zu können, hieß es weiter.

Indessen forderten Gewerkschaften die Deutsche Bank auf, die Gerüchte um die Übernahme der Postbank zu dementieren. "Es ist vor allem für die Beschäftigten in beiden Banken unerträglich, wenn durch die Spekulationen die Zukunft ihrer Arbeitsplätze in Frage gestellt wird", sagte Verdi-Vorstandsmitglied Hinrich Feddersen.

Bei einer Großfusion seien etliche tausend Arbeitsplätze gefährdet. Bundeskanzler Schröder soll sich mit Empfehlungen zu Fusionen im Bankgewerbe zurückhalten.

© SZ vom 12.05.2004 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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