Porsche:Alpha-Männchen unter sich

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Die Gerüchteküche brodelt: Porsche-Chef Wendelin Wiedeking soll bei dem Großaktionär Ferdinand Piëch in Ungnade gefallen sein. Doch sägt der VW-Aufsichtsratschef den erfolgreichen Manager wirklich ab?

D. Deckstein

Letzten Donnerstag feierte er seinen 56. Geburtstag. Mit der Familie, ausgerechnet in Italien. Was die Wahl des Reiselandes angeht, folgte Wendelin Wiedeking den Spuren von Johann Wolfgang von Goethe, mit dem er das Geburtstagsdatum teilt: 28. August. An Johann Wolfgang von Goethe könnte er dann gedacht haben, als ihm das vergiftete Geschenk aus Wolfsburg präsentiert wurde. Aus dem Volkswagen-Hauptquartier drangen mal wieder Spekulationen, dass Großaktionär und VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch die Entmachtung von Porsche-Chef Wiedeking plane. "Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen", mag sich Wiedeking da mit Altmeister Goethe gedacht haben. Jedenfalls hätten sie einen "sehr entspannten" Italien-Heimkehrer Wiedeking angetroffen, versicherten seine engsten Mitarbeiter in Zuffenhausen.

Ferdinand Piëch und Wendelin Wiedeking - will der VW-Aufsichtsratschef den Porsche-Chef loswerden? (Foto: Foto: dpa)

Auch der erfolgreichste, aber angestellte Automanager ist jederzeit kündbar. Das gilt auch für Wendelin Wiedeking, den von der Öffentlichkeit seit vielen Jahren gefeierten Porsche-Chef, der den Sportwagenhersteller seit 1993 vom Pleitekandidaten in den profitabelsten Autobauer der Welt verwandelte. Und der dann Ende 2005 auch noch den Coup landete, als David Porsche beim Goliath Volkswagen einzusteigen. In wenigen Wochen dürfte Porsche dann, wie angekündigt, die Mehrheit von etwas über 50 Prozent bei Europas größtem Autohersteller zusammenhaben.

Arroganz und Allmachtsfantasie

Alle diese Kabinettstückchen sind in der Öffentlichkeit engstens mit Wiedeking verbunden. Dass Alpha-Tier Piëch solches Treiben des Alpha-Tiers Wiedeking skeptisch verfolgt, ist aus der Psychologie des machtbewussten Patriarchen leicht nachzuvollziehen. So ist sein Schweigen nach den jüngsten Bosheiten gegen Wiedeking durchaus beredt.

Für das Ausstreuen der Bosheiten bieten sich gerne Arbeitnehmervertreter und Metallgewerkschafter aus dem Wolfsburger Konzern an, allen voran der Betriebsratschef Bernd Osterloh, der Wiedeking schon mal "gefährliche Allmachtsfantasien" und die "Arroganz eines Alleinherrschers" attestiert. Solche Töne würde Osterloh nicht anschlagen, wüsste er, dass Piëch ihm danach mächtig in die Parade führe. Der paktiert aber bei Bedarf gerne auch mit der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat.

Im Streit gegen die Mitbestimmungsregelungen der neugegründeten Dachgesellschaft Porsche Holding SE, unter die auch der Mehrheitsanteil an VW versammelt werden soll, versuchte der VW-Betriebsrat bereits, diese Regel per Gerichtsurteil zu kippen. Osterloh berief sich darauf, dass während der Mitbestimmungsverhandlungen im März 2007 bereits ein Beherrschungsverhältnis zwischen Porsche und Volkswagen bestanden habe. Hat es aber nicht, urteilten die Stuttgarter Arbeitsrichter.

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Aber jetzt, kurz vor der Mehrheitsübernahme, steht ein solches Beherrschungsverhältnis unmittelbar bevor. Und das bewegt die Wolfsburger ungleich mehr als die Mitbestimmungsfrage in der Porsche Holding. Ein Mehrheitseigner Porsche in Person der beiden Aufsichtsräte Wendelin Wiedeking und seinem Finanzchef Holger Härter hätte dann mehr als nur ein Informationsrecht. Beide können vollständige Zahlen, Daten, Fakten verlangen - und wer weiß, am Ende liegen in Wolfsburg noch unentdeckte Überreste der Lustreisen-Affäre herum.

Goethes Tipp für Piëch

Solche Wolfsburger Ängste mögen den jüngsten Krawall um Wiedeking befeuern, der kurz nach dem Einstieg im Herbst 2005 einmal gesagt hat, es werde auch "bei VW keine heiligen Kühe" geben. Das kam im engmaschigen Wolfsburger Konsensnetzwerk zwischen Konzernvorstand, Arbeitnehmervertretern, IG Metall und Landesregierung gar nicht gut an.

Dass Wiedeking nun deswegen in die Wüste geschickt wird und sein Hobby als kartoffelanbauender Nebenerwerbslandwirt zum Hauptberuf machen kann, ist allerdings überaus unwahrscheinlich. Auch wenn Piëch schon vielen früheren Automanagern von Audi-Chef Franz-Josef Paefgen bis zuletzt VW-Chef Bernd Pischetsrieder Knall auf Fall den Chefsessel vor die Tür gesetzt hat - die tragende Säule des milliardenschweren Piëch-Porsche-Familienimperiums schnell mal abzusägen, käme jedenfalls zur Zeit einer Art finanziellen Harakiris gleich.

Bei aller Machtvollkommenheit und bei all seiner alpha-männlichen Natur dürfte wohl auch einem Ferdinand Piëch klar sein, wie die Finanzmärkte über eine solche Rochade befänden. Der Dauer-Höhenflug der Porsche-Aktie, der Kursanstieg bei Volkswagen, das wäre ohne das eingeschworene Duo Wiedeking-Härter, auf das die Anleger setzen, erst einmal beendet. Und so hat Goethe auch Ferdinand Piëch etwas zu sagen: "Jede Lösung eines Problems ist ein neues Problem."

© SZ vom 02.09.2008/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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