Philip Zimmermann:Verschlüsselungs-Ikone kehrt USA den Rücken

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Ein Handy für die Generation Snowden: Der Anbieter Blackphone will mit diesem weitgehend abhörsicheren Smartphone den Markt erobern. (Foto: Albert Gea/Reuters)
  • Der renommierte Informatiker Philip Zimmermann verlegt seine Firma von den USA in die Schweiz. Grund sind Datenschutzbedenken.
  • Zimmermann hatte in den 1990ern die heute sehr verbreitete Verschlüsselungs-Software PGP entwickelt.
  • In Genf erhofft er sich bessere Bedingungen für seine Dienste, die Nutzern Kryptografie im Alltag ermöglichen sollen.

PGP-Erfinder zieht aus Datenschutz-Gründen in die Schweiz

Internet-Ikone Philip Zimmermann ist aus den USA in die Schweiz gezogen - mitsamt seiner Firma Silent Circle. Grund ist die umfangreiche digitale Überwachung der US-Regierung. "Jede dystopische Gesellschaft überwacht exzessiv, doch nun schlagen sogar westliche Demokratien wie die USA oder Großbritannien diesen Weg ein", sagte der 61-jährige Informatiker der britischen Tageszeitung The Guardian. Die Praxis, dass selbst die Daten von Unschuldigen gesammelt werden, müsse gestoppt werden: "Wir dürfen nicht wie Nordkorea werden". Der Whistleblower Edward Snowden hatte 2013 die millionenfache Überwachung durch die NSA enthüllt. "In der Schweiz ist es für uns unwahrscheinlicher, vom Gesetzgeber unter Druck gesetzt zu werde", erklärte Zimmermann.

US-Richter bedrängten Snowdens Email-Anbieter

Für den Umzug nach Genf nennt er einen ganz konkreten Anlass: Die Affäre um den Email-Anbieter Lavabit. Den 2004 von Ladar Levison herausgebrachten Dienst nutzte auch Snowden. 2013 zwangen die US-Behörden Levison mit einer richterlichen Anordnung, Snowdens Nachrichten herauszugeben. Dem leistete Levison Folge. Als er jedoch die Emails aller Kunden sowie seine Sicherheitstechnik preisgeben sollte, schloß er aus Protest sein Angebot ganz.

Hacker-Kongress 31c3
:Woran die NSA scheitert

Beim Hacker-Kongress 31c3 wurden neue Dokumente des Whistleblowers Edward Snowden präsentiert. Sie zeigen, wie genau die NSA vorgeht, um Verschlüsselungsverfahren zu knacken - aber auch, woran sie scheitert.

Von Hakan Tanriverdi, Hamburg

Für Zimmermann war das ein deutliches Warnsignal. Seine Firma Silent Circle, 2012 gegründet, bietet ebenfalls einen verschlüsselten Email-Dienst an. Als Reaktion auf die Lavabit-Affäre löschte er dessen Datenbank.

Wie "Pretty Goold Privacy" zum Netz-Standard wurde

Zimmermann hat bereits 1991 die Verschlüsselungstechnik PGP ( kurz für "Pretty Good Privacy") entwickelt: Mittels eines Plugins können Nutzer damit ihre E-Mails asymetrisch verschlüsseln, das Verfahren gilt als sicher. Voraussetzung ist nur, dass der Empfänger ebenfalls PGP eingerichtet hat, das Programm wird aber immer stärker genutzt.

Zitat von 1991: "Das ist wie Treibnetz-Fischerei"

Zimmermanns Motive zur Entwicklung von PGP erscheinen rückblickend hellsichtig: "Heute können E-Mails standardmäßig nach Schlagworten gescannt werden, in einem enormen Umfang und ohne, dass es jemand merkt. Es gleicht dem Fischen mit Treibnetzen", schrieb er 1991 in seiner ursprünglichen Anleitung für PGP.

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Von wegen alternativlos: Entwickler zeigen auf der Mobilfunkmesse weitgehend abhörsichere Methoden und das Blackphone, das vor Überwachung schützen soll. Das Handy für die Generation Snowden.

Von Varinia Bernau

Silent Circle hat überdies das sogenannte Blackphone (siehe Abbildung oben) auf den Markt gebracht, ein Smartphone, auf dem mehrere Verschlüsselungs-Programmen vorinstalliert sind, die weitgehend gegen Schnüffelei von Geheimdiensten, Hackern oder Werbetreibenden schützen sollen. Silent Circle hat gerade einen Lauf: Anfang des Jahres beschaffte sich das Startup 50 Millionen US-Dollar von Investoren.

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