Neuer Job:Vom Ministerpräsidenten zum Tabaklobbyisten

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Arbeitet jetzt für die "andere Seite": Ex-Ministerpräsident Torsten Albig. (Foto: Hannes P. Albert/dpa)

Dass Politiker nach ihrer aktiven Zeit in die Wirtschaft gehen, ist so gängig wie umstritten. Nun hat auch Ex-SPD-Politiker Torsten Albig einen neuen Job - in einer Branche, die kein allzu gutes Image hat.

Schleswig-Holsteins früherer Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) ist als Lobbyist zum Tabakkonzern Philip Morris gewechselt. Der 60-Jährige leitet künftig den Geschäftsbereich External Affairs der Deutschland-Tochter des Zigarettenherstellers, teilte das Unternehmen mit. "Ich will die Firma in ihrer Transformation vom Tabakhersteller zu einem Anbieter von schadstoffreduzierten Produkten unterstützen", so der Ex-Politiker. Dabei bezog er sich auf den Tabakerhitzer Iqos, den Philip Morris stark bewirbt, dessen Marktanteil aber noch gering ist.

Würden erwachsene Raucherinnen und Raucher auf solche Produkte umsteigen, hätte dies das Potenzial, die Gesundheitsgefahren zu senken, sagt Albig. "Am besten ist natürlich immer der Rauchstopp." Der Sozialdemokrat ist nach eigener Aussage Nichtraucher. "Ich habe noch nie in meinem Leben eine Zigarette geraucht." Seine Mutter und seine Großeltern seien hingegen starke Raucher gewesen, alle drei hätten auch deswegen schwere gesundheitliche Probleme bekommen.

Der Ausstieg aus dem Zigarettengeschäft zieht sich

Albig fordert von der Bundespolitik einen anderen Ansatz im Umgang mit dem Rauchen und mehr Informationskampagnen. In Italien und Japan hätten schadstoffreduzierte Produkte einen deutlich höheren Marktanteil als in Deutschland. Zudem verweist er auf Schweden, wo nur wenige Menschen rauchen. Dort ist das Tabakprodukt Snus weit verbreitet. Das wird nicht geraucht, sondern unter die Oberlippe geschoben. Der Snus-Hersteller Swedish Match gehört zu Philip Morris, in Deutschland darf das Produkt allerdings nicht verkauft werden.

Tabakhitzer sind hierzulande hingegen zu haben, auch der Philip Morris-Konkurrenten British American Tobacco mischt mit der Marke glo mit. Die Produkte sind jedoch umstritten: Einerseits gibt es Stimmen, die sie als kleineres Übel werten. Im Gegensatz zu Zigaretten wird der Tabak nicht verbrannt, sondern "nur" erhitzt. Andererseits warnt zum Beispiel das Deutsche Krebsforschungszentrum vor einer Verharmlosung: Auch Tabakerhitzer seien schlecht für die Gesundheit. Mangels Langfriststudien sind die genauen Folgen noch unklar.

Philip Morris will eigenen Angaben zufolge auf lange Sicht raus aus dem klassischen Zigarettengeschäft und setzt daher weltweit auf Iqos, E-Zigaretten und Nikotinbeutel. Der Hauptteil des Umsatzes kommt aber nach wie vor aus dem Verkauf von Marken wie Marlboro und L&M.

Albig spricht von einem "bedeutenden Unternehmen"

Die Personalie Albig dürfte kontrovers diskutiert werden. Auf die Frage, ob er seiner Partei mit dem Wechsel in die umstrittene Tabakbranche nicht einen Bärendienst erweise, sagt Albig, dass Philip Morris "ein bedeutendes Unternehmen" mit einem wichtigen Ziel sei, und zwar deutlich mehr schadstoffreduzierte Produkte zu verkaufen als bisher. "Unabhängig von mir ist es für meine Partei immer gut, wenn ihre Mitglieder auch in der Wirtschaft Akzeptanz finden und dort auch führende Aufgaben übernehmen."

Der gebürtige Bremer war von 2009 bis 2012 Oberbürgermeister von Kiel und danach bis 2017 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Nach einer verlorenen Landtagswahl zog er sich aus der aktiven Politik zurück und ging für vier Jahre nach Brüssel, wo er Leiter der Repräsentanz der Deutschen Post DHL wurde. 2021 wechselte er für gut ein Jahr zum Bundesverband Deutscher Postdienstleister.

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