Osram:Das Licht ist aus

Lesezeit: 2 min

Die Leuchtreklame gehörte lange zum Stadtbild am Karlsplatz, damit ist es jetzt vorbei. . (Foto: imago/Joko)

Die alte Osram-Reklame "Hell wie der lichte Tag" am Münchner Stachus wurde abgenommen. Ausgerechnet jetzt, wo Investoren für das Unternehmen bieten.

Von Thomas Fromm, München

Wie sie da so hing, hoch über dem alten Rondell des Münchner Karlsplatzes, war diese Werbung das Relikt aus einer anderen Zeit. Der Osram-Schriftzug "Hell wie der lichte Tag" blieb immer gleich, 60 Jahre lang, und wenn so etwas so lange irgendwo hängt, dann könnte man irgendwann fest daran glauben, dass es für immer ist.

Ok, Osram hat sich verändert in diesen Jahrzehnten. Gehörte mal zu Siemens, dann wieder nicht, verkaufte sein traditionelles Lampengeschäft an Chinesen, baute alles um, wechselte seine Chefs aus, suchte nach neuen Einnahmequellen, wollte irgendwann lieber ein High-Tech-Unternehmen sein als ein Glühlampenhersteller. Dann kamen die Gewinnwarnungen, was für Aktionäre und Analysten vor allem bedeutete, dass es nicht mehr so gut lief mit Osram. Den meisten Menschen aber konnte das egal sein, so lange am alten Stachus dieser alte Schriftzug hing. "Hell wie der lichte Tag".

Seit dieser Woche ist die Leuchtreklame nicht mehr da, und dass sie ausgerechnet in diesen Tagen verschwand, ist womöglich reiner Zufall. Aber wie es manchmal so ist mit Zufällen: Dieser hier passt perfekt in diese Wochen, in denen zwei amerikanische Finanzinvestoren und ein kleiner österreichischer Chiphersteller das Münchner Unternehmen kaufen wollen.

Hinter den Kulissen tobt ein Übernahmekampf, der am Ende sogar das Ende von Osram einläuten könnte, und am Stachus schrauben sie die 60 Jahre alte Osram-Leuchtreklame für immer ab - wenn das mal kein seltsamer Zufall ist! Bei Osram heißt es, das Ganze habe technische Gründe: Für die Werbung wurden seit jeher Leuchtstoffröhren verwendet, und die letzten, die dort hingen, waren mal wieder reif für einen Ersatz und eine Generalüberholung. Wenn man so will: Ja, das, was da überm Stachus hing, war das alte Osram, und es wurde dem Konzern irgendwann zu unbequem und auch zu teuer.

Also beschloss man in der Münchner Zentrale, mit dem Schriftzug dahin zu gehen, wo man den Rest des Konzerns eh schon verortete: In die Moderne. Neue, sparsame und klimafreundlichere LED-Technik sollte die alten Röhren ersetzen, was leichter klingt als es ist. Denn für die Stadt München ließ sich eine neue LED-Reklame aus Gründen des Denkmalschutzes wohl nicht von heute auf morgen genehmigen - auch weil LED-Licht eben anders leuchtet als traditionelle Leuchtröhren, damit wohl auch das gesamte neobarocke Ensemble in einem anderen Licht erschienen wäre. Ein offenbar schwieriges und kompliziertes Genehmigungsverfahren wäre die Folge gewesen, und Osram beschloss, den Schriftzug nach 60 Jahren komplett zu entfernen. Der Schriftzug, der seit den Fünfzigerjahren über dem Platz hing, soll nun saniert und anschließend in einer firmeneigenen Ausstellung in der Nordschwabinger Konzernzentrale wieder aufgebaut werden.

Die alte Stachus-Reklame endet also als Licht-Installation in einem modernen Bürokomplex, und das wäre an sich womöglich nicht mehr als ein Stück städtischer Architekturgeschichte - wenn sich nicht gerade Tausende von Osram-Mitarbeitern fragen würden, wie und wo ihr Konzern demnächst landet. Zwei amerikanische Finanzinvestoren, Bain und Carlyle, wollen Osram für 35 Euro die Aktie übernehmen; der Sensoren- und Chiphersteller AMS aus der Gegend von Graz bietet 3,50 Euro mehr. Bis Anfang Oktober sollte dann entschieden sein, ob die Aktionäre mitziehen, verkaufen und wer am Ende zum Zuge kommt. So oder so: Wenn Finanzinvestoren oder auch Konzerne Milliarden für ein Unternehmen ausgeben, dann geht es ihnen in der Regel darum, mit dem Deal Geld zu verdienen. Finanzinvestoren wollen zu einem höheren Preis weiterverkaufen; Unternehmen wie AMS suchen sogenannte "Synergien": Sie schauen, wo sich Geschäftsbereiche und Büros zusammenlegen und Gelder einsparen lassen. So oder so also stehen Osram im Falle eines Verkaufs schwierige Monate bevor.

"Hell wie der lichte Tag", das wäre in diesen Zeiten vielleicht ein ganz schönes Motto gewesen.

© SZ vom 06.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: