Opel: Merkel wartet:Ein Konzept, ein Königreich für ein Konzept

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General Motors bittet den Bund um Geld - doch Kanzlerin Merkel will von Opel einen Plan für die Zukunft sehen. Welche Investoren steigen ein?

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat vor Entscheidungen über staatliche Hilfen für Opel von dem Autobauer und dem US-Mutterkonzern General Motors (GM) ein Zukunftskonzept verlangt.

Opel: "Wenn es Sinn macht, ist das Management auch bereit, über Partnerschaften und Beteiligungen mit Dritten zu verhandeln" (Foto: Foto: AFP)

"Es muss ein Konzept auf den Tisch gelegt werden, wie eine positive Prognose für Opel aussehen kann", sagte Merkel am Mittwoch in Berlin.

Diese Aufgabe müsse zunächst Opel zusammen mit GM leisten. Auf dieser Basis könne Opel dann mit Bund und Ländern über Hilfen beraten.

"Im Augenblick kann die Politik nichts machen"

Die Bundesregierung und die betroffenen Landesregierungen stünden in enger Abstimmung und seien auch in ständigem Kontakt mit Opel, sagte Merkel. "Im Augenblick kann die Politik nichts machen, weil die notwendigen Konzepte von Opel noch nicht vorliegen."

General Motors prüfe derzeit die Möglichkeiten, von Deutschland finanzielle Hilfen zu erhalten, sagte GM-Chef Rick Wagoner am Mittwoch dem US-Fernsehsender CNBC.

Opel fasst unterdessen eine Partnerschaft oder Beteiligung eines Investors ins Auge. GM hatte zuvor mit Werkschließungen in Europa gedroht. Die Verhandlungen für eine Sanierung sollen umgehend beginnen.

"Wenn es für den nachhaltigen Erfolg von GME (General Motors Europe) und Opel Sinn macht, ist das Management auch bereit, über Partnerschaften und Beteiligungen mit Dritten zu verhandeln", teilten Opel und GM in einer gemeinsamen Erklärung mit.

In Bochum und den anderen deutschen Opel-Werken herrscht derweil Angst um die Arbeitsplätze. General-Motors-Chef Rick Wagoner hatte in der Nacht zum Mittwoch angekündigt, der Konzern werde 47.000 Stellen streichen - davon 26.000 außerhalb der USA.

Zur Zukunft von Opel blieb er eine Antwort schuldig. In den USA will GM fünf Werke schließen. Weltweit beschäftigt der Autobauer 245.000 Menschen. Das Schicksal der vier deutschen Werke mit zusammen mehr als 25.000 Mitarbeitern ließ Wagoner bei einer Pressekonferenz am Firmensitz in Detroit offen. Damit ist weiterhin unklar, ob GM die Standorte Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern schließen oder Opel komplett verkaufen will.

In Europa will GM die Kosten um 1,2 Milliarden Dollar senken. Dazu liefen bereits Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern. Der ehemals weltgrößte Autohersteller erwartet für sein europäisches Geschäft - von dem drei Viertel auf Opel entfallen - in den kommenden beiden Jahren hohe Verluste.

Erst ab 2011 rechnet der Konzern für seine wichtigste Auslandstochter wieder mit schwarzen Zahlen. Voraussetzung dafür sei eine "signifikante Reduzierung der Kosten".

"Auf viele negative Überraschungen gefasst"

In dem der US-Regierung vorgelegten Sanierungsplan verlangte GM, die bislang erhaltenen Hilfen vom Staat auf bis zu 30 Milliarden Dollar (24 Milliarden Euro) aufzustocken. Die in der Nacht gemachten Ankündigungen, seien "nicht das Ende der Fahnenstange", sagte der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel in einem Interview mit dem WDR-5-Morgenecho.

"Also da sind wir auf viele negative Überraschungen noch gefasst", sagte er. Bei den Gesprächen zwischen GM-Chef Rick Wagoner und dem NRW-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) werde am Mittwoch die Zukunft der deutschen Opel-Werke auch eine Rolle spielen - "vielleicht auch mit einem eigenen Weg".

Arbeitnehmervertreter setzen teilweise gerade darauf: Opel solle sich von GM lösen. Gewerkschaften und Betriebsrat versprechen sich davon einen Erhalt des Unternehmens. "Das könnte so aussehen, dass man Teile von GM Europa zusammenschließt", sagte Rainer Einenkel zu der Nachrichtenagentur Reuters. "Dann hätte man eine größere Menge an Werken beisammen, an denen sich der Staat und andere Investoren beteiligen könnten." Für eine Beteiligung käme auch ein Konzern außerhalb Europas infrage.

Auch die IG Metall forderte die Eigenständigkeit von Opel. "Für uns ist das die einzige tragfähige Option, um alle Opel-Standorte zu halten", sagte der erste Bevollmächtigte der IG Metall Eisenach, Uwe Laubach, im rbb-Inforadio.

Auf der nächsten Seite: Was Wagoner zu Opel sagt.

Mit der Bundesregierung verhandelt Opel wegen der GM-Schieflage über eine Bürgschaft von bis zu 1,8 Milliarden Euro. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte am Dienstag berichtet, GM prüfe die Schließung und den Verkauf von drei Opel-Fabriken in Europa. Bochum und Antwerpen könnten geschlossen, Eisenach verkauft werden.

Keine Staatshilfen ohne tiefe Einschnitte

Der schwer gebeutelte größte US-Autohersteller droht zunehmend zu einem Milliardengrab zu werden. Der deshalb von der Regierung eingeforderte Sanierungsplan sieht neben Stellenabbau die Schließung von fünf US-Werken vor. Die Marken Saab in Schweden sowie Hummer und Saturn in den USA stehen zum Verkauf. Die Einschnitte sind die Voraussetzung für neue Staatshilfen.

"Wir sind mittendrin, mit verschiedenen Seiten zu sprechen, darunter auch die deutsche Regierung", sagte Wagoner. Man höre sich alle Optionen an. Zu Spekulationen über eine Trennung von Opel sagte Wagoner lediglich, bisher sei niemand an GM wegen eines Verkaufs herangetreten.

"Es ist jetzt Aufgabe von Opel, zu sagen, wie langfristig das Zukunftskonzept aussieht", sagte Rüttgers in der deutschen Botschaft in Washington. "Wir haben gesagt, wir sind bereit zu helfen, aber das geht nur, wenn man weiß, wohin die Reise geht." Rüttgers wollte Wagoner in Detroit treffen. "Ich bin sehr froh darüber, dass wir dann darüber reden können, was das (Sanierungskonzept) für die einzelnen Standorte heißt", sagte er.

"Es gibt für alle anstehenden Fragen Lösungen"

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) erwartet schwierige Gespräche über die Zukunft von Opel. "An meinem Optimismus ändert das nichts. Ich glaube, dass es für alle anstehenden Fragen Lösungen gibt", sagte Koch am Mittwoch während einer Regierungserklärung im hessischen Landtag in Wiesbaden.

Er begrüßte, dass GM in seinem Sanierungsplan keine konkreten Beschlüsse über seine Werke in Europa gefasst hat. Der Opel-Mutterkonzern habe erkannt, "dass mit uns gesprochen werden muss".

In der Diskussion um eine Opel-Rettung warnte der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) und künftige Wirtschaftsweise, Christoph Schmidt, vor Staatshilfen. In der Bild-Zeitung von Mittwoch forderte Schmidt Bundesregierung und Landesregierungen auf, auf Hilfen für Opel zu verzichten. Bislang hatte GM von der US-Regierung rund 13,4 Milliarden Dollar zugesagt bekommen.

Nun fordert der US-Branchenführer insgesamt weitere 16,6 Milliarden Dollar. Ein geordnetes Insolvenzverfahren mit Gläubigerschutz würde dagegen GM zufolge noch viel teurer werden und sogar bis zu 100 Milliarden Dollar kosten. GM und Wettbewerber Chrysler müssen ihre Überlebensfähigkeit auf Basis ihrer Sanierungspläne konkret bis Ende März beweisen. Dazu laufen auch noch Verhandlungen mit den Gewerkschaften über Zugeständnisse und mit den Gläubigern zur Umschuldung.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/hgn/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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