Opel: Die Bieter im Überblick:Nur einer kann gewinnen

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Magna, Fiat, der US-Investor Ripplewood und der chinesische Konzern BAIC: Vier Bewerber buhlen um Opel. Wo liegen die Chancen, wo die Risiken? Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Der Kampf um Opel geht in die entscheidende Phase: Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt soll am Abend ein Favorit für die Übernahme benannt werden. Mehrere Konzepte liegen auf dem Tisch - als Favorit gilt der Zulieferer Magna, gefolgt vom italienischen Autobauer Fiat. Dem US-Investor Ripplewood werden geringe Chancen eingeräumt. Als letzter Interessent hat der chinesische Konzern BAIC ein Angebot abgegeben.

Wohin steuert Opel? Bei einem Spitzentreffen im Kanzleramt soll ein Favorit für die Übernahme benannt werden. (Foto: Foto: AP)

Wer sind die Bewerber, was haben sie mit Opel vor, wo liegen Chancen und Risiken? Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Als Favorit im Wettstreit um Opel gilt der österreichisch-kanadische Konzern Magna, nach Bosch und dem japanischen Denso der drittgrößte Autozulieferer der Welt. Magna beschäftigt 240.000 Mitarbeiter an 240 Produktionsstätten. Zwei russische Partner unterstützen den Zulieferer im Wettstreit um Opel: die staatliche Sberbank und der Autohersteller Gaz.

Der Mutterkonzern General Motors soll einen Anteil von 35 Prozent an Opel behalten, weitere 35 Prozent gehen an die Sberbank. Magna selbst erhält 20 Prozent. Die fehlenden zehn Prozent würden an die Opel-Beschäftigten gehen.

Der Magna-Plan sieht einen massiven Stellenabbau vor: 2500 bis 2600 Arbeitsplätze sollen wegfallen. Die vier Standorte Rüsselsheim, Bochum, Kaiserslautern und Eisenach sollen übernommen werden.

Die Bieter fordern für ihren Einstieg staatlich verbürgte Kredite zwischen vier und fünf Milliarden Euro für fünf Jahre. 700 Millionen Euro Eigenkapital will Magna aufbringen - Berater der Bundesregierung äußerten jedoch den Verdacht, dass es sich dabei nicht um eigenes Geld handele. 200 Millionen seien staatliche Bürgschaften, die restlichen 500 Millionen "vorrangig abgesicherte" Schuldtitel - würde das neue Unternehmen pleitegehen, müsste dann aus der Insolvenzmasse zuerst Magna Geld erhalten.

Das "neue Opel" sei damit vom ersten Tag insolvent, warnen Experten - das verschlechtert Magnas Chancen, beim Spitzentreffen im Kanzleramt als Favorit ausgewählt zu werden. Bislang galt der Zulieferer als Favorit - Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz hatte von Magna als Inhaber der "Pole Position" gesprochen.

Der italienische Autokonzern Fiat ist der prominenteste Interessent für Opel. Die Gruppe mit Sitz in Turin hat 200.000 Beschäftigten und 178 Werke, zum Portfolio gehören die legendären Marken Alfa Romeo und Maserati. Derzeit bemüht sich Fiat um eine Beteiligung an Chrysler, dem insolventen drittgrößten Autohersteller der USA.

Das Eigenkapital des Fiat-Konzerns gilt als solide - jedoch überschneiden sich die Produktpaletten (Foto: Foto: Reuters)

Gemeinsam mit Opel und Chrysler will Fiat eine Welt AG gründen - ein schuldenfreies Gemeinschaftsunternehmen ohne Beteiligung von General Motors. Damit wäre Fiat in Europa die Nummer zwei hinter Volkswagen.

In puncto Stellenabbau kann Fiat den Konkurrenten Magna offenbar knapp unterbieten: Weniger als 2000 Stellen sollen an den vier Standorten wegfallen, heißt es.

Die Ausstattung mit Eigenkapital gilt bei Fiat als solide, weil die Italiener ihre eigene Autosparte in das künftige Unternehmen einbringen wollen. Sie wird mit sechs Milliarden Euro bewertet. Bei einem Treffen zwischen Fiat-Chef Sergio Marchionne und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) an diesem Dienstag wurde die Höhe der Staatsbürgschaften neu verhandelt: Fiat fordere nun Hilfen in Höhe von sechs Milliarden Euro, statt bisher sieben Milliarden, teilte Marchionne mit.

Die Rückzahlung würde - wie bei Magna - nach fünf Jahren erfolgen. Im Gegensatz zu dem Zulieferer würde Fiat die Pensionslasten in Höhe von drei bis vier Milliarden Euro offenbar komplett übernehmen.

Bei der Belegschaft und den Gewerkschaften ist Fiat nicht beliebt, was die Chancen der Italiener schmälert. Zwischen 2000 und 2005 scheiterte schon einmal eine Kooperation mit den Italienern - GM zahlte damals 1,5 Milliarden Euro Strafgeld, um sich wieder von Fiat zu trennen.

Mehrere Politiker äußerten die Befürchtung, von der staatlichen Hilfe für Opel könne allein Fiat profitieren. "Ich will auch, dass kein Cent deutsches Geld nach Italien fließt", sagte etwa Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU).

Experten verweisen zudem auf zahlreiche Überschneidungen in der Produktpalette: Fiat Punto und Opel Corsa sind auf dem Markt der Kleinwagen direkte Konkurrenten, auch Fiat Idea und Opel Meriva sowie Fiat Bravo und Opel Astra würden sich gegenseitig das Wasser abgraben.

Über die Konzepte der Bieter Ripplewood und BAIC ist wenig bekannt. Unklar ist auch, inwiefern die Angebote beim Spitzentreffen überhaupt Beachtung finden.

Der Investor Ripplewood ist über seine belgische Tochtergesellschaft RHJ International ins Rennen gegangen, die in Deutschland am Sauerländer Automobilzulieferer Honsel beteiligt ist.

Offenbar sieht der Plan des US-Unternehmens vor, General Motors weiterhin einzubeziehen - die Konzernmutter soll einen maßgeblichen Anteil an Opel und Vauxhall behalten.

Ripplewood soll ein Vermögen von knapp drei Milliarden Euro besitzen und vom deutschen Staat Kreditbürgschaften in Höhe von knapp vier Milliarden Euro fordern.

Der chinesische Autobauer Beijing Automotive Industry Corporated (BAIC) hat als bislang letzter Bieter seinen Hut in den Ring geworfen. Einem Bericht der Financial Times Deutschland zufolge lässt sich BAIC bei seinem Gebot von der Deutschen Bank beraten.

Der Konzern hat seinen Sitz in Peking und gehört zu den acht größten Autokonzernen Chinas. Die Umsatzerlöse beliefen sich im vergangenen Jahr auf etwa 75 Milliarden Chinesische Yuan, umgerechnet rund 7,9 Milliarden Euro.

BAIC unterhält mit dem deutschen Daimler-Konzern ein Joint Venture in China. Auch mit dem südkoreanischen Autohersteller Hyundai besteht eine Partnerschaft.

Das BAIC-Konzept sieht offenbar eine zweijährige Bestandsgarantie für alle deutschen Werke vor. Ein Stellenabbau in Deutschland ist angeblich nicht geplant - zwei sehr starke Argumente im Kampf um Opel. Dafür verlangen die Chinesen Bürgschaften über fünf Milliarden Euro.

Angesichts des späten Angebots könnte BAIC später in die Gespräche eintreten, hieß es laut FTD in Regierungskreisen. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte das Interesse des chinesischen Investors am Dienstag bestätigt.

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