Nutzfahrzeuge:MAN will Scania übernehmen

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Der Münchner Konzern will so zu den Großen der Branche aufschließen. Bisher ist MAN in Europa bei Nutzfahrzeugen vor Scania die Nummer Drei.

Karl-Heinz Büschemann und Caspar Busse

Mit einem konkreten Übernahmeangebot für Scania wird laut Brancheninformationen bereits in den nächsten Tagen gerechnet. "Wir glauben, dass es wichtig ist, größer zu werden", sagte MAN-Chef Hakan Samuelsson. "Die kritische Größe in dieser Branchen geht nach oben." Schon lange wird über ein Zusammengehen von MAN und Scania spekuliert. Beide Unternehmen sind in einem ähnlichen Segment tätig.

Wachsen, wachsen, wachsen: Dieses Prinzip gilt auch für die Hersteller von Nutzfahrzeugen (Foto: Foto: dpa)

Der Schwede Samuelsson war vor seiner Zeit bei MAN Vorstand von Scania. MAN ist bei Nutzfahrzeugen in Europa derzeit hinter DaimlerChrysler und Renault-Volvo mit großem Abstand die Nummer Drei. Durch eine Übernahme von Scania würde MAN hier aufschließen und Marktanteile gewinnen. "Wir wollen in dieser Branche aktiv sein und eine führende Rolle spielen", heißt das Credo von Samuelsson.

Rekordergebnis von MAN im Jahr 2005

Eine offizielle Stellungnahme von MAN und von Scania war am Dienstag nicht zu erhalten. Die Börse reagierte aber sofort. Scania-Aktien legten nach der Nachricht an der Stockholmer Börse um über neun Prozent zu und wurden dann vom Handel ausgesetzt. Die Aussetzung sei aber nicht von Scania beantragt worden, hieß es. Auch die MAN-Papiere, die im Deutschen Aktienindex notieren, schlossen in einem freundlichen Gesamtmarkt deutlich mit 2,5 Prozent im Plus bei 60,65 Euro.

Auf der vergangenen MAN-Hauptversammlung hatte Samuelsson bereits angekündigt, eine größere Akquisition sei "zumindest finanziell" kein Problem. Seit seinem Amtsantritt als MAN-Konzernchef Anfang 2005 baut Samuelsson den Traditionskonzern grundlegend um. Der wichtigste Schritt dabei war bisher die Abtrennung der Druckmaschinen-Sparte MAN Roland. Diese ging mehrheitlich im März dieses Jahres an die Allianz-Tochter ACP. MAN ist seitdem nur noch mit 35 Prozent an MAN Roland beteiligt. Der Verkauf brachte frisches Kapital.

Zudem hat MAN im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis erwirtschaftet. Der Gewinn vor Steuern betrug 2005 rund 640 Millionen Euro - ein Plus von nahezu einem Drittel. Im laufenden Jahr soll der Gewinn weiter steigen. Der Konzernumsatz liegt bei 15 Milliarden Euro, der Hauptanteil davon wird mit Nutzfahrzeugen gemacht. Diese Sparte ist auch die mit Abstand profitabelste. Andere MAN-Bereiche sind Industriedienstleistungen, Turbomaschinen und große Dieselmotoren, etwa für Schiffe. Samuelsson war vor seiner Berufung zum Konzern-Chef Vorstandsvorsitzender der Nutzfahrzeug-Sparte des Konkurrenten und ist deshalb intensiv mit dem Scania-Geschäft vertraut.

Boom der Nutzfahrzeugindustrie

Eine wichtige Rolle spielt bei der geplanten Übernahme von Scania der VW-Konzern. Dieser hält seit dem März 2000 34 Prozent der Scania-Aktienstimmrechte und hat deshalb bei einem Verkauf ein entscheidendes Wort mitzureden. Schon lange wird darüber spekuliert, dass sich VW von diesem Paket wieder trennen könnte. Die Beteiligung kostete vor sechs Jahren gut 1,6 Milliarden Euro. VW hatte bisher nicht verkauft, weil der Marktwert lange Zeit unter diesem Betrag lag. Inzwischen ist die Scania-Aktie allerdings auf ein Allzeithoch gestiegen.

Der Wolfsburger Konzern, der gerade saniert wird, könnte die Beteiligung nun sogar mit Gewinn verkaufen. VW-Chef Bernd Pischetsrieder hatte zuletzt aber betont, dass der Bereich Nutzfahrzeuge für den Konzern strategisch wichtig sei. VW stellt derzeit nur kleinere Nutzfahrzeuge wie Kleintransporter her. Der Kurs des Scania-Großaktionärs VW stieg nach Bekanntwerden um 2,77 Prozent auf 63,05 Euro. Die europäische Nutzfahrzeugindustrie erlebt derzeit einen Boom. Davon profitieren nahezu alle großen Hersteller. Umsatz und Auftragseingang legen zu, auch die Aktienkurse gehen in die Höhe.

Scania-Chef Leif Östling hat bisher alle Spekulationen über ein Zusammengehen mit MAN als abwegig bezeichnet. Die Schweden, die für ihre vorbildliche und kostengünstige Produktion bekannt sind, wollten immer unabhängig bleiben. Das galt bisher als das wichtigste Hindernis für eine Übernahme.

© SZ vom 13.9.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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