Nokia:Handy für Selfie-Fans

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Smartphone von Nokia: Schuldscheine dieser Firma bescheren dem Anleger eine negative Rendite. (Foto: Simon Dawson/Bloomberg)

Die Finnen präsentieren ein Gerät mit Kameralinsen, die vorn und hinten gleichzeitig aufnehmen.

Von Marvin Strathmann, Hamburg

Wo Nokia draufsteht, ist schon lange nicht mehr Nokia drin. Erst kaufte der US-Konzern Microsoft den Handy-Pionier, nun stellt das finnische Elektronikunternehmen HMD Mobilgeräte mit Nokia-Logo her. Nach dem Nokia 3310 für Nostalgiker und mehreren Mittelklasse-Handys hat HMD nun mit dem Nokia 8 ein hochpreisigeres Gerät vorgestellt. Das Smartphone will sich vor allem mit seiner Kamera von den Rivalen absetzen, aber Samsung- und Apple-Kunden werden wohl kaum zu Nokia zurückkehren, um einen neuen Selfie-Modus zu testen.

Im Nokia 8 steckt jedoch, was man von einem Oberklasse-Smartphone erwartet: Der Prozessor läuft mit acht Kernen, von denen jeweils vier mit 2,5 und mit 1,8 Gigahertz takten. Der Arbeitsspeicher fällt mit vier Gigabyte recht groß aus, der interne Speicher kommt auf 64 Gigabyte. Zusätzlich lässt HMD Platz für eine Micro-SD-Karte, die noch mal bis zu 128 Gigabyte Speicherplatz bringen kann.

HMD ist aber nicht auf den Trend aufgesprungen, Smartphones mit fast randlosem Display zu bauen. Der 5,3-Zoll-Bildschirm mit 2560 mal 1440 Pixel wird oben und unten von zwei dicken schwarzen Balken eingefasst, ein Button an der Vorderseite erkennt Fingerabdrücke, um das Gerät zu entsperren. Das Aluminiumgehäuse liegt sehr gut in der Hand. Mit seinen 160 Gramm fühlt es sich erstaunlich leicht an für ein 151 mal 73 Millimeter großes Smartphone. Es ist allerdings auch nur knapp acht Millimeter dick.

Die Kamera kommt vom deutschen Optik-Hersteller Zeiss und besitzt einen Bildstabilisator. Auf der Rückseite fotografieren zwei Linsen mit jeweils 13 Megapixel, die Frontkamera schießt Selfies mit ebenfalls 13 Megapixel. Die Kooperation mit Zeiss ist eine Art Revival: Schon früher, als Nokia-Handys noch vom finnischen Nokia-Konzern gebaut wurden, stellte Zeiss die Kameras her.

Aber was stellt der Nokia-Besitzer mit den Zeiss-Linsen an? HMD ermöglicht, dass Front- und Hauptkamera gleichzeitig laufen - Nutzer können ihr Gesicht über die Frontkamera aufzeichnen, während sie gleichzeitig ein Video über die Hauptkamera aufnehmen. Die beiden Videos stehen dann nebeneinander wie bei einem Splitscreen und können direkt auf Youtube und Facebook gestreamt werden. Ein Beispiel: Filmt ein Nutzer einen Sonnenuntergang, kann er sein Gesicht - und damit seine Reaktion - also gleich mit einfangen und mit anderen teilen.

Ganz neu ist das nicht: Samsung-Nutzer können bereits einen speziellen Modus herunterladen und so beide Kameras gleichzeitig verwenden. Livestreamen wie mit dem Nokia 8 geht allerdings nicht. Für diese Funktion hat HMD zwei Wörter gefunden: Das eher technische "Dual-Sight-Video" und "Bothie" - eine Kombination aus Selfie und both, schließlich werden beide Kameras genutzt. Noch kann man sich allerdings nur schwer vorstellen, dass sich Menschen auf Partys bald mit "Hey, schönes Bothie" begrüßen und der Duden das Wort in sein Wörterbuch aufnimmt, wie es im Fall "Selfie" geschehen ist. Allein das "th" dürfte zu viele abschrecken.

In einem kurzen Test funktionierte die Splitscreen-Funktion recht gut. Zwar dauert es ein wenig, bis man den passenden Winkel und die richtige Haltung für schöne Aufnahmen gefunden hat, aber wer sein eigenes Gesicht mag, wird damit seine Freude haben. Unterwegs kann es teuer werden: Da zwei Videos verarbeitet werden, fallen mehr mobile Daten an als bei einem einzelnen Video. Wer über Wlan streamt, kann ruhigen Gewissens die 4K-Auflösung wählen.

Neben der Kamera preist HMD die Audiofähigkeiten des Geräts an, da es mit drei Mikrofonen eine Rundumaufnahme erzeugen soll. Das Verfahren soll vor allem bei 360-Grad-Videos den Klang natürlicher wiedergeben - so, als wäre der Zuschauer dabei gewesen. Eigentlich werden zum Abspielen spezielle Geräte benötigt, aber der Effekt ist auch mit normalen Kopfhörern zu bemerken.

Auf ein extra angepasstes Betriebssystem hat HMD verzichtet, das Smartphone kommt mit der Standardversion des Betriebssystems von Google. Das spart nicht nur dem Hersteller Kosten, die Nutzer werden auch von nervigen Apps verschont, die sie nicht verwenden möchten und nicht deinstallieren können (sogenannter Bloatware). Auf dem Nokia 8 läuft die neueste Android-Version 7.1.1, und HMD kann die monatlichen Sicherheits-Updates von Google direkt an die Käufer weitergeben, schließlich müssen sie dafür nichts am Betriebssystem ändern.

Das Nokia 8 ist von Anfang September an in Deutschland erhältlich und soll knapp 580 Euro kosten. Es gibt es in glänzend (Blau und Kupfer) oder matt (Blau und Grau).

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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