Neue Tarif-Regelung:Fast alle Firmen machen mit

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Mehr Geld oder acht zusätzliche freie Tage: Zwischen diesen Optionen kann ein Teil der Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie künftig wählen. Im Bild eine Mai-Kundgebung im Jahr 2017. (Foto: Markus Scholz/dpa)

IG Metall setzt für Arbeitnehmer mehr Freizeit durch statt mehr Geld.

Von Detlef Esslinger und Stefan Mayr , Frankfurt/Stuttgart

In der Metall- und Elektroindustrie erhalten 242 000 Arbeitnehmer in diesem Jahr mehr Freizeit statt mehr Geld. Dies teilte der Erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, am Montag in Frankfurt mit. Sie profitieren damit von einer Regelung, die der Tarifvertrag erstmals enthält: Schichtarbeiter sowie Arbeitnehmer, die Kinder betreuen oder Angehörige pflegen, können zwischen einer Sonderzahlung von gut einem Viertel eines Monatseinkommens oder acht zusätzlichen freien Tagen wählen.

Insgesamt war 260 000 der knapp vier Millionen Beschäftigten der Branche mehr Freizeit wichtiger als mehr Geld. 18 000 Arbeitnehmern wurde das Anliegen von ihren Firmen jedoch verwehrt; dieses Recht haben diese, wenn sie meinen, den Arbeitsausfall nicht verkraften zu können. Bei denjenigen Arbeitnehmern, denen der Wunsch erfüllt wurde, handelt es sich zum größten Teil um Schichtarbeiter, nämlich 170 000. Weitere 55 000 wollen sich mehr um ihre Kinder kümmern, 17 000 gaben die Pflege von Angehörigen als Grund an.

In der Tarifrunde vor einem Jahr war die Forderung der IG Metall nach dieser Wahloption besonders umstritten. Die Arbeitgeber befürchteten, Kundenaufträge nicht mehr pünktlich erfüllen zu können. Warum sie nun trotzdem 93 Prozent aller Anträge genehmigten, dazu gibt es unterschiedliche Darstellungen: Roman Zitzelsberger, Chef der baden-württembergischen IG Metall, sagte, "das ganze Wehgeschrei" während der Tarifrunde "war für die Bühne, nicht für die Realität". Zitzelsberger hatte den Tarifvertrag ausgehandelt. Hingegen sagte Peer-Michael Dick, der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands Südwestmetall, viele Firmen hätten "in den sauren Apfel gebissen, um den Betriebsfrieden zu wahren".

Zu den wenigen Firmen, die alle Wünsche ablehnten, gehört nach Darstellung der IG Metall der Autozulieferer Marquardt. Dort seien sämtliche 330 Anträge zurückgewiesen worden. Gewerkschafter Zitzelsberger sagte, als Arbeitgeber solle man sich dies lieber "gut überlegen". Schließlich brauche man bei der nächsten Sonderschicht Leute, die dann dazu bereit seien. Arbeitgeber-Vertreter Dick wertete derlei als "Drohung" - wie sie auch einige Betriebsräte in den vergangenen Wochen geäußert hätten. Er finde es "bedenklich", dass Zitzelsberger "dieses Verhalten offenbar auch noch billigt".

© SZ vom 22.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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