Von Freitag an gibt es im sozialen Netzwerk Facebook veränderte Geschäftsbedingungen und eine Reihe neuer Funktionen. Der US-Konzern verspricht Nutzern mehr Möglichkeiten, Privatsphäre- und Sichtbarkeitseinstellungen zu kontrollieren, doch bei Datenschützern wächst die Sorge: Die neuen AGB bringen auch eine viel detailliertere und zielgerichtetere Verfolgung des Nutzerverhaltens mit sich.
Außerdem können sich Nutzer kaum dagegen wehren. Wer Facebook nach diesem Freitag weiter verwendet, stimmt nach Ansicht des Unternehmens den neuen AGB automatisch zu, eine Möglichkeit zum Widerspruch ist nicht vorgesehen. Will man in Zukunft also nicht auf die Nutzung von Facebook verzichten, muss man sich mit folgenden Änderungen abfinden:
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Personalisierte Werbung und Datenerhebung auch auf anderen Webseiten
Bislang wertet Facebook für die angezeigte Werbung lediglich aus, wie der Nutzer sich im sozialen Netzwerk verhält: Welche Beiträge er anklickt oder kommentiert, worüber er selbst in seinem Profil schreibt oder bei welchen Inhalten - auch auf fremden Webseiten - er den "Like"-Button betätigt.
Mit den neuen AGB will Facebook noch einen Schritt weiter gehen und das Internetverhalten auch auf fremden Webseiten beobachten und für Werbezwecke auswerten. Der "Like"-Button hat Facebook einst seine enorme Popularität beschert, mittlerweile ist er auf einer Vielzahl von Webseiten eingebunden - und soll so helfen, das Anzeigengeschäft des Konzerns lukrativer zu machen. Darüber kann Facebook registrieren, welche angemeldeten Nutzer die jeweilige Seite besuchen, auch ohne dass der Betreiber selbst mit Facebook Daten austauscht.
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Die neuen Facebook-AGB bringen eine viel detailliertere Verfolgung des Nutzerverhaltens mit sich. Kurzzeitig wird Empörung laut werden, abmelden wird sich kaum jemand. Warum auch? Die Geheimdienste überwachen uns im Netz auch ohne Social Media. Haben wir denn schon kapituliert?
Mit diesen Informationen soll die Werbung gezielter auf die Interessen des Einzelnutzers zugeschnitten werden. Wer etwa online ein Paar Sportschuhe kauft, könnte Anzeigen für Sportkurse oder andere Trainingskleidung zu sehen bekommen. Wer Urlaubsziele recherchiert, sieht womöglich verstärkt Werbung von Reiseveranstaltern.
Kritiker sorgen sich um Daten-Austausch mit Whatsapp
Gleichzeitig sollen die Nutzer aber auch besser darüber informiert werden, warum ihnen bestimmte Anzeigen präsentiert werden. Nutzer können deshalb einsehen, in welche Zielgruppe Facebook sie einordnet. Angezeigte Werbung können sie außerdem auf ihre Relevanz bewerten und so laut Facebook selbst dazu beitragen, nur interessante Reklame zu sehen - und die Anzeigenplätze für Unternehmen noch attraktiver zu machen.
Die Daten, die Facebook auf diese Weise sammelt, sollen nach Unternehmensangaben wie bisher nicht verkauft oder Werbekunden direkt zur Verfügung gestellt werden. Stattdessen bietet sich Facebook lediglich als Lieferant für zielgerichtete Werbung an. Allerdings schüren die neuen AGB die Sorge, dass Facebook die Daten mit jenen aus dem weit verbreiteten Kurznachrichtendienst Whatsapp zusammenführen könnte, der seit Februar 2014 ebenfalls Teil des Konzerns ist.
Sollte das geschehen, werde dies per Anordnung untersagt, kündigte der bundesweit für Facebook zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar an. Sollte das Unternehmen einer solchen Anordnung nicht nachkommen, drohe ein Bußgeld, sagte er nach der Anhörung des Facebook-Europachefs, Lord Richard Allan, vor dem Rechtsausschuss des Bundestags.
Facebook will Standortdaten auswerten
Mit den neuen AGB will sich Facebook erlauben lassen, nicht nur den digitalen Aufenthaltsort der Nutzer im Internet auszuwerten, sondern auch, wo sie sich real befinden. Mit den Standortdaten kann Facebook die Nutzer beispielsweise darüber informieren, welche Freunde sich gerade in der Nähe befinden. Diese Funktion gibt es in anderen Ländern bereits seit längerer Zeit. Auch sind Werbeanzeigen für lokale Geschäfte oder Restaurants in der Umgebung denkbar.
Die Daten, die dafür nötig sind, werden von Facebook bereits jetzt erfasst, bisher sind diese nach Unternehmensangaben aber nicht für Werbezwecke ausgewertet worden. In den Einstellungen der Smartphone-Apps lässt sich die Funktion deaktivieren - wer aber auf Nummer sicher gehen will, sollte dem Programm keinen Zugriff auf das GPS-Modul und andere Standortdaten gewähren.
Nutzer sollen eigene Daten besser kontrollieren können
Facebook will es im Austausch für die ausführlichen Daten den Nutzern leichter machen, zu entscheiden, wer ihre Inhalte sieht. Sie können die Analyse von besuchten Seiten und Apps kontrollieren. Interaktive Anleitungen sollen zeigen, wo sich die gut versteckten Optionen in den Menüs verbergen. Für Mechthild Heil (CDU), die in der Unionsfraktion für den Verbraucherschutz zuständig ist, ein Grund zum Lob. Das Netzwerk habe sich bemüht, Nutzern einen verständlichen Überblick über die neuen Bestimmungen zu liefern. "Das ist vom Gedanken her sehr gut und auch begrüßenswert", sagte Heil. "Aber das heißt natürlich nicht, dass das, was dort getan wird, auch für uns in Deutschland rechtlich in Ordnung ist."
Andere Kritiker bemängeln, dass der Nutzer erst aktiv werden muss, um bessere Kontrolle über seine Daten zu erlangen. Neue Funktionen sind, wenn sie eingeführt werden, in der Regel erst einmal aktiviert. Nur ein kleiner Teil der Nutzer macht sich die Mühe, sich über Änderungen zu informieren und ihnen - so weit möglich - zu widersprechen. Eine Garantie dafür, dass Facebook die entsprechenden Daten hinter den Kulissen nicht trotzdem erhebt und abspeichert, ist außerdem auch das Ausschalten kritischer Funktionen nicht.
Darf Facebook die AGB einfach ändern?
Nach Ansicht vieler Juristen: Nein. Ein Vertrag, der über Allgemeine Geschäftsbedingungen definiert wird, ist nach deutschem Recht für beide Seiten bindend und kann nicht einseitig geändert werden. Eine Klausel für zukünftige Änderungen, wie sie Facebook in seinen AGB einschließt, ist nur dann wirksam, wenn darin konkrete Anlässe vorgesehen sind - beispielsweise veränderte wirtschaftliche oder rechtliche Bedingungen, auf die das Unternehmen reagieren muss. Die entsprechende Klausel bei Facebook hingegen ist nach Ansicht des IT-Rechtsanwalts Christian Solmecke zu allgemein formuliert und daher nicht wirksam. Dem Nutzer hilft das allerdings nur wenig: Selbst ein schriftlicher Widerspruch gegen die neuen Bedingungen dürfte beim US-Konzern ungehört verhallen.
Vor diesem Problem steht derzeit auch die Initiative "Europe vs. Facebook". Darin haben sich 25 000 Nutzer zu einer Sammelklage gegen die Datenschutzpraktiken des US-Unternehmens versammelt. Die Klage wurde vor einem österreichischen Gericht eingereicht. Nach Ansicht von Facebook sei aber ein irisches Gericht zuständig, wo das soziale Netzwerk seine europäische Zentrale unterhält. Dort sind die Datenschutzstandards niedriger als fast überall sonst in Europa - und eine solche Sammelklage wäre nach Ansicht von Facebook ohnehin nicht zulässig.
Der Datenschutzbeauftragte Caspar ist dagegen überzeugt, dass nationales Recht durchaus greife: Er verweist auf einen ähnlich gelagerten Fall bei Google. 2012 seien die Hamburger Datenschützer erfolgreich nach deutschem Recht gegen den US-Suchmaschinenbetreiber vorgegangen. Mit einer Klage von offizieller Seite, beispielsweise vom Bundesverband der Verbraucherzentralen, ist derzeit wohl nicht zu rechnen: Obwohl man dort laut einem Bericht des Technologiemagazins c't die Änderungen ebenfalls für unwirksam hält, habe man "für eine Klage derzeit keine Kapazitäten. "
Mit Material von dpa