Neubau-Projekte:Zusammen wird's billiger

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Bauen in Gemeinschaft liegt im Trend. Das Konzept hilft beim Sparen und steht trotzdem für hohe Qualität. Nötig ist dabei aber auch viel Engagement - und Risikobereitschaft.

Von Andrea Nasemann

Die junge Familie wollte gerne eine eigene Immobilie haben. Auf einer Messe kam sie vor gut 14 Jahren zu einem Stand von Baugemeinschaften. "Dieser Stand hatte eine ganz andere Anmutung mit einem anderen Inhalt", erzählt Kalliopi Garouba. Schnell fing sie Feuer für die Idee des gemeinschaftlichen, kostengünstigen und hochwertigen Bauens. Die Familie schloss sich umgehend der Baugruppe an, nahm an den regelmäßigen Sitzungen teil, die in ihren Augen gut organisiert waren und professionell begleitet wurden. "Es war ein sehr spannender Prozess, den Aufbau des Hauses begleiten und verstehen zu können", sagt Garouba. Das Haus gehört heute 27 Parteien.

Die Idee der Baugemeinschaft begeistert Garouba wie am ersten Tag. Sie berichtet, wie sich alle gegenseitig unterstützt und geholfen und sich Freundschaften gebildet hätten. Ihre Kinder seien wie in einer Großfamilie aufgewachsen. Inzwischen hat Garouba ihre Überzeugung für Baugemeinschaften zum Beruf gemacht: Sie berät Interessierte und bringt Menschen zusammen, die in einer Baugemeinschaft bauen wollen.

Baugemeinschaften liegen im Trend. Das Teilen durch viele lässt kostengünstigeren Wohnraum entstehen. Mit Platz für innovative Konzepte: Familien wohnen Tür an Tür mit Singles, oft finden sich mehrere Generationen unter einem Dach, barrierefreies Wohnen schafft Attraktivität für Ältere, nachhaltige Themen wie Ökologie und Energieeffizienz werden gemeinsam umgesetzt.

Von einer Baugemeinschaft spricht man dann, wenn sich Bauwillige zusammenschließen, um gemeinsam ein Projekt zu realisieren und dieses aktiv mitzugestalten. Die Baugemeinschaft wird meist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet. Dafür muss ein Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und eine Person benannt werden, die die Gesellschaft nach außen vertritt. Zunächst wird ein geeignetes Grundstück gesucht. In vielen Städten, so auch in München, vergibt die Stadtverwaltung entsprechende Flächen. Will sich die Baugemeinschaft um ein entsprechendes Grundstück bewerben, muss sie eine Gesellschaft oder eine Genossenschaft gründen. Bei der Suche nach einem Grundstück und dem Vorentwurf wird die Baugemeinschaft von einem Projektleiter für Baugemeinschaften und einem Architekten unterstützt. Anhand der Baubeschreibung kann dieser die voraussichtlichen Kosten schätzen.

Wer mitmacht, lernt die Bauherren kennen. Und Konflikte auszutragen

Nachdem das Grundstück erworben wurde, wird es entsprechend der Bebauung aufgeteilt und der Verteilungsschlüssel für die Kosten der Familien festgelegt. "Alle Gewerke werden einzeln ausgeschrieben, um den besten Preis zu erzielen", sagt der Münchner Architekt und Projektbetreuer Michael Lehner von Plan-Z Architekten. Er empfiehlt, sich für eine Baugemeinschaft professionelle Hilfe zu holen. "Je größer das Projekt, desto höher ist das Risiko des Scheiterns, wenn man es ohne fachliche Hilfe angeht", so Lehner. Er sieht Einsparmöglichkeiten von 15 bis 30 Prozent gegenüber dem Kauf vom Bauträger. "Als Bauherr in der Baugemeinschaft kommt man aber um ein persönliches Engagement nicht herum", sagt Lehner. Zweieinhalb bis drei Jahre kann es dauern, bis das Projekt abgeschlossen ist. Das hat aber auch einen Vorteil: Während der Planungs- und Bauphase lernen sich die Bauherren gut kennen. "Es findet dann nicht nur eine hohe Identifikation der Bewohner mit ihrem Haus statt, sondern man hat schon vor dem Einzug gelernt, Konflikte auszutragen und zu lösen", berichtet Lehner. So zieht man später in ein Haus mit Bekannten oder im besten Fall sogar Freunden ein. Bauträgermargen fallen weg, Notargebühren werden reduziert. A

uch die Grunderwerbsteuer fällt bei Baugemeinschaften in der Regel nur für den Grundstückskauf und nicht für das Gebäude an. Die Kosten für den Architekten und den Bauunternehmer werden ebenso geteilt wie die Kosten für die Erschließung. Durch die Größe des Projekts sinken auch die Handwerkerkosten. Bauen in der Gemeinschaft hat viele Vorteile. Aber es gibt auch erhebliche Risiken. Die Baugemeinschaft trägt für ihr Vorhaben die volle Verantwortung - und in einer GbR zum Beispiel haften die Gesellschaften mit ihrem Privatvermögen. Neben planerischen und wirtschaftlichen Problemen kann es vor allem schnell zu Gruppenkonflikten kommen. Wie soll die Fassade aussehen? Wie der Grundriss? Was darf es kosten? Wer für sich selbst ein Einfamilienhaus baut, kann darüber allein bestimmen. In einer Baugemeinschaft aber kommen viele Meinungen und Interessen zusammen. Oft heißt das, in langen Sitzungen Kompromisse mit Menschen zu finden, die man anfangs kaum kennt. Das kann auch schief gehen. Während in der Planungsphase noch relativ leicht ein Ausstieg möglich ist, kann das nach der Gründung der Baugemeinschaft und nach dem Kauf des Grundstücks teuer werden. "Gute Beratung ist unentbehrlich", betont der Verband Privater Bauherren (VPB).

Der Grundstückskaufvertrag wird vor einem Notar abgeschlossen. Gleichzeitig wird der Teilungsvertrag zur Begründung von Wohnungs- und Teileigentum aufgesetzt. Dafür werden für die einzelnen Wohnungen besondere Grundbuchblätter angelegt und die Finanzierungspfandrechte der Bauherren in das Grundbuch eingetragen. In der Teilungserklärung wird festgelegt, zu welchen Anteilen die Käufer das Grundstück nutzen. Jedes Mitglied der Baugemeinschaft hat dann das Sondereigentum an einer Wohnung. An den Gemeinschaftsflächen wird Miteigentum erworben. Nutzungsregelungen, zum Beispiel am Garten, sollten ebenfalls in der Teilungserklärung festgelegt werden. Die Eigentümer verwalten sich nach den Regeln des Wohnungseigentumsgesetzes.

In Freiham bei München wird übrigens die Baugemeinschaft Freiham ein Mehrfamilienhaus bauen, für das noch Mitbauwillige gesucht werden (www.garouba.de, www.mitbauzentrale-muenchen.de).

© SZ vom 22.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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