Negativzinsen:Es ist nicht alles schlecht - für die Banken

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Wolken über der Frankfurter Skyline. (Foto: KAI PFAFFENBACH/REUTERS)

Geldinstitute klagen gerne über die Negativzinsen der EZB. Doch ein Bericht der Bundesbank kommt zu einem eindeutigen Fazit: Bislang konnten sie die Negativzinsen ziemlich gut verkraften.

Von Markus Zydra, Frankfurt

Aus dem Negativzins, den die Europäische Zentralbank im Jahr 2014 eingeführt hat, ist längst ein Politikum geworden. Manche Bankkunden sprechen von "Enteignung". Die Banken wiederum, die den Zins auf geparktes Geld bei der EZB zahlen müssen, zetern: Jedes Jahr würden sie Milliarden an die EZB verlieren, weshalb man der Kundschaft eben dieses Geld in irgendeiner Form abknöpfen müsse. In Deutschland führen immer mehr Banken Negativzinsen für Guthaben auf dem Giro- und Tagesgeldkonto ein. Zuletzt beschloss sogar die Direktbank N26, Guthaben von über 50 000 Euro mit 0,5 Prozent zu belasten. Eine aktuelle Umfrage des Vergleichsportals Biallo.de unter 1300 Banken und Sparkassen identifizierte über 300 Geldinstitute, die von Sparern den unbeliebten Zuschlag verlangen.

Weil sie nicht anders können? Nun, an der Argumentation des Bankensektors gibt es schon lange Zweifel. Die EZB hat inzwischen Freibeträge eingeführt, auf die keine Negativzinsen fällig werden. Zudem subventionieren die Währungshüter die Kreditvergabe an die Geschäftsbanken, das bedeutet: Diese müssen die Darlehen nicht mehr voll zurückzahlen. Es ist also nicht alles schlecht - für die Kreditinstitute. Das bestätigt nun auch ein Aufsatz im aktuellen Monatsbericht der Bundesbank, der am Montag veröffentlicht wurde und ein recht eindeutiges Fazit zieht: Die deutschen Banken hätten die Negativzinsphase ohne Ertragsprobleme hinter sich gebracht.

Die Margen mögen gesunken sein, aber das sei ausgeglichen worden, weil die Konjunktur gut lief und die Puffer für mögliche Kreditverluste reduziert wurden. Die Ertragslage habe sich nicht verschlechtert im Vergleich zu Zeiten mit positiven Zinsen. Der "negative Ertragseffekt wurde bis zum Beginn der Coronakrise durch positive Ertragseffekte kompensiert", schreiben die Experten der Bundesbank. "Daher gibt es für Deutschland bisher auch keine Hinweise darauf, dass die Kreditvergabebereitschaft der Banken gesunken sein könnte. Vielmehr weiteten die Banken ihr Kredit- und Einlagengeschäft weiter aus." Damit, so die Bundesbank, zeige sich, dass die Einführung des Negativzinses geldpolitisch erfolgreich war. Denn genau das strebte die EZB mit ihrer lockeren Geldpolitik der letzten Jahre ja an: Höhere Kreditvergabe der Banken an Unternehmen und damit: mehr Wirtschaftswachstum.

Die Sparer dürfte dieses Ergebnis nicht trösten. Sie müssen sich darauf einstellen, dass die Negativzinsen noch eine ganze Weile in der Welt bleiben. Gut möglich, dass die EZB bei einer ihrer nächsten Sitzungen sogar noch weiter an dieser Schraube dreht. Denn die jüngsten Verschärfungen der Corona-Epidemie haben den Ausblick auf die wirtschaftliche Erholung in der Eurozone verschlechtert. Europas Notenbank, so die Erwartung, wird in diesem Jahr ihre Geldpolitik noch weiter lockern, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Auch für Europas Bankensektor ist diese wirtschaftliche Erholung sehr wichtig. Die Kapitalreserven sind zwar im Schnitt noch ausreichend vorhanden, aber sie schrumpfen. Die Bankenaufsicht bei der EZB hat auch deshalb Verbote verhängt, Boni und Dividenden zu zahlen. Die Aufseher möchten, dass die Banken Geld zurücklegen für eine mögliche Pleitewelle, die aktuell durch gesetzliche Ausnahmeregelungen und Geldzahlungen gestoppt wird. In Deutschland ist beispielsweise die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt worden. Firmen, die eigentlich pleite sind, dürfen weiterwirtschaften in der Hoffnung, das das Schlimmste durch eine starken Aufschwung abgewendet werden kann. Doch irgendwann ist Zahltag, und diese nicht zu vermeidenden Firmenpleiten werden sehr wahrscheinlich zu hohen Kreditausfällen führen, die in der Folge den Bankensektor belasten.

Auf diese Risiken weist die Bundesbank in ihrem Monatsbericht hin. "Durch den konjunkturellen Einbruch aufgrund der Coronakrise ist nun mit einer Eintrübung der Ertragslage der deutschen Banken zu rechnen", so die Experten. Die Ergebnisse deutscher Banken für das erste und zweite Quartal würde bereits eine gestiegene Risikovorsorge im Kreditgeschäft zeigen. Aufgrund des starken konjunkturellen Einbruchs dürfe sich diese Entwicklung fortsetzen. "Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass der Margendruck eine Verknappung des Kreditangebots bedingt", so die Warnung der Währungshüter.

Nach jahrelangem Lamentieren über den Negativzins haben Deutschlands Banken für den Moment zumindest von der Bundesbank eine klare Ansage bekommen: So schlecht ging es euch damit gar nicht. Der Sparer hingegen zahlt höhere Gebühren für Dienstleistungen und Negativzinsen.

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