Naherholung:Badefreuden in der Norikusbucht

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Die Säuberung des Wöhrder Sees und eine neue Bucht bescheren den Nürnbergern einen Stadtstrand.

Von Olaf Przybilla

Markus Söder, der bayerische Finanzminister, hat schon allerlei Beiträge zur schönen Welt der bunten Facebook-Filmchen abgeliefert. Der aber vom neuen See seiner Heimatstadt Nürnberg gilt als besonders wertvolles Werk. Man sieht Söder, wie er in einer Art Herrenbadeanzug durch grünlich schimmerndes Gewässer schwimmt, mit dem Kopf nach oben und während der Schwimmzüge emphatische Sätze in Richtung einer Handykamera ausstoßend. "Hallo", beginnt das Werk, es folgen atemlose Sentenzen mit vielen Ausrufezeichen: "Ich schwimm' in der Norikusbucht! Sensationell! Ich geb's zu: bisschen kalt! Aber echt sauberes Wasser und wunderschön! Das erste Mal in meinem Leben, dass ich in Nürnberg in einem natürlichen Gewässer schwimme! Ich freu mich, echt!"

Das Filmchen stammt aus dem vergangenen August, beinahe 200 000 Menschen haben es sich seither angeschaut. Dass darunter vor allem Nürnberger waren, lässt sich erahnen. Zwar gelten Franken als grundsätzlich resistent gegen sämtliche Formen des Gefühlsüberschwangs. Aber in der (neuen) Norikusbucht am (alten) Wöhrder See konnte man sie zuletzt ziemlich anders erleben. Es wurde dort im Sommer immer noch gebaut, während Söder so paddelte, und die Bucht ist auch weiterhin alles andere als fertig. Trotzdem ging es dort an schönen Tagen, zwischen allerlei Baumaschinen und ohne erkennbare Bade-Infrastruktur, gelegentlich zu wie auf einem Rummel.

Das muss einen Grund haben. Und der ist leicht zu finden, er deutet sich an in Söders Satz, der mit "Das erste Mal in meinem Leben" beginnt. Zwar ist Nürnberg eine Stadt am Wasser, theoretisch. Praktisch aber wurde die schöne Pegnitz auf Stadtgebiet über Jahrhunderte hinweg so zwischen Betonufer gezwängt, dass es einem ganz eng ums Herz werden konnte beim Zuschauen. Besonders schlimm war es am Wöhrder See, der seinen Namen lange zu Unrecht trug. Wöhrder Dreckstümpel, Verzeihung, wäre passender gewesen.

Bis, ja bis nun der See gründlich gesäubert und ihm mithilfe eines Leitdamms eine Bucht abgerungen wurde, mit tatsächlich sauberem Wasser und kleinem Strand. Auf dem Weg in die Bucht strömt das Wasser durch einen durchlässigen Kiesfilter, mit Schilf bepflanzt. Im Wurzelwerk des Schilfs siedeln sich kleine Wasserlebewesen an, die organische Bestandteile aufnehmen: Das Wasser wird klar. Die Begeisterung ist allgegenwärtig, wohl gerade weil es vorher so schlimm war. Nürnbergs zweiter Bürgermeister Christian Vogel, sonst auch kein notorischer Euphoriker, spricht sogar von einem "deutschlandweit einzigartigen Projekt für die Naherholung mitten in der Stadt".

© SZ vom 19.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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