Nahaufnahme:Zoll auf Lebkuchen

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25 Prozent Zoll verhängen die USA auf Gebäck aus Deutschland. "Wir werden im nächsten Jahr sicherlich nicht zu den alten Preisen anbieten", sagt Lambertz-Chef Hermann Bühlbecker. (Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Hermann Bühlbecker hat die Printenfirma Lambertz groß gemacht. Nun belastet ihn der Handelsstreit mit den USA.

Von Benedikt Müller

Eigentlich ging es mal um Subventionen für Flugzeughersteller. Doch nun trifft der Handelsstreit zwischen den USA und Europa auch Hermann Bühlbecker, 69, Inhaber der Süßwarenfirma Lambertz aus Aachen, die mit Weihnachtsgebäck groß wurde. "Wir sollen ab Freitag dieser Woche 25 Prozent Zoll zahlen", konstatiert Bühlbecker, "was für uns total merkwürdig ist." Denn mit Luftfahrt hat der Hersteller von Printen, Nürnberger Lebkuchen und Dresdner Stollen nun wirklich nichts zu tun.

Doch als Vergeltung für die staatliche Förderung von Airbus haben die USA kurzerhand höhere Zölle auf einige Lebensmittelimporte aus Europa angekündigt, die an diesem Freitag in Kraft treten - darunter explizit Gebäck aus Deutschland. "Wir verkaufen dort European Cookies, made in Germany", sagt Bühlbecker. Zunächst werde Lambertz den Zoll wohl zahlen müssen, befürchtet der Familienunternehmer mit seiner charakteristischen Langhaarfrisur und weißem Dreitagebart. "Wir werden im nächsten Jahr sicherlich nicht zu den alten Preisen anbieten." Unschön sei das, immerhin erwirtschaftet Lambertz knapp fünf Prozent des Umsatzes in den USA. "Aber es wird uns nicht im Kern treffen."

Absatz trotz Zuckerdebatte "absolut auf Vorjahresniveau"

Denn Bühlbecker, der vor 43 Jahren bei Lambertz einstieg, hat aus dem Printen-Hersteller eine der größten Gebäckfirmen Deutschlands geformt. Nach dem Wirtschaftsstudium in Nürnberg übernahm der erfolgreiche Tennisspieler die Fabrik seines Onkels, die damals gefährlich abhängig vom Weihnachtsgeschäft und hoch verschuldet war. Unter Bühlbecker stieg Lambertz in das Geschäft mit Ganzjahresartikeln wie Dominosteinen ein, expandierte ins Ausland und übernahm Konkurrenten, etwa in Nürnberg und zuletzt in Dresden. Das Unternehmen stellt auch Gebäckmischungen her, die Supermärkte und Discounter unter Eigenmarken verkaufen. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete Lambertz mit knapp 4000 Beschäftigten einen Umsatz von 626 Millionen Euro. "Der Absatz war absolut auf Vorjahresniveau", sagt Bühlbecker.

Und das, wo doch so viel über gesunde Ernährung gesprochen und über Zucker geschimpft wird? Bühlbecker glaubt, dass die Debatte vor allem Lebensmittel mit versteckten Zuckeranteilen treffe. "Wer Herbst- und Weihnachtsprodukte kauft, der will genießen", sagt der Rheinländer: Der wisse auch, dass Zucker enthalten ist. "Dass man auch andere Dinge essen muss und sich auch bewegen muss, das ist klar." Längst zähle ja auch gesünderes Vitalgebäck zum Sortiment seiner Firma.

Der Gesellschafter ist selbst die größte Werbefigur seines Unternehmens

Der Gesellschafter ist - wie bei kaum einem anderen Unternehmen hierzulande - selbst die größte Werbefigur von Lambertz: Im Shopping-Sender QVC stand Bühlbecker schon höchstselbst im Studio, um seine Kekstruhen unter die Leute zu bringen. Er sponsert das jährliche Reitturnier in Aachen, empfängt an dessen Rande zu einer Mediennacht mit Prominenten wie Boris Becker. Mehrmals ließ sich der sogenannte Printen-König mit Leonardo DiCaprio ablichten, dessen Umwelt-Stiftung er unterstützt. Auch einen Kalender bringt Lambertz jährlich heraus: "Wir waren in Island und haben mit Nena und ihrer Tochter tolle Bilder gemacht", berichtet Bühlbecker stolz von den Vorbereitungen. Und die Elfenbeinküste, größter Kakaoproduzent der Welt, hat den Aachener sogar zum Honorarkonsul ernannt.

Nur die höheren Zölle konnte Bühlbecker - aller diplomatischen Erfahrung zum Trotz - nicht abwenden. Zu kurzfristig sei die Ankündigung aus Washington gekommen. Man könne jetzt nur auf Gegenmaßnahmen der EU hoffen, sagt der Unternehmer, "vielleicht einigt man sich aber auch irgendwo". Bis dahin jedoch macht der weltweite Handelsstreit nicht mal vor Printen halt.

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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