Nahaufnahme:Zahnbürsten aus Bambus

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"Klar haben viele erst einmal verständnislos reagiert. Aber letztlich finden sie gut, dass ich meinen eigenen Weg gehe." Wanja Weskott (Foto: privat)

Wanja Weskott verkauft wassersparsam gefertigte Produkte. Der Öko-Unternehmer hat auch Kondome im Angebot.

Von Pauline Schinkels

Es ist fast zehn Jahre her, da fragte eine Freundin Wanja Weskott, ob er kurzfristig die Kasse auf einer Veranstaltung von Viva con Agua übernehmen könnte. Viva con Agua ist eine Hamburger Hilfsorganisation, die Menschen weltweit den Zugang zu sauberem Trinkwasser ermöglichen möchte. Weskott hatte Zeit und sagte zu. Aus dem Einspringen wurden fünf Jahre als Ehrenamtlicher bei Viva con Agua. Und es entstand eine Geschäftsidee. Der 29-Jährige leitet heute das Start-up Hydrophil, das Bambus-Zahnbürsten, T-Shirts und Kondome verkauft: Produkte, die möglichst wassersparend produziert werden. "Wasserneutral", nennt Weskott das.

Während seiner Zeit bei Viva con Agua war Weskott in Ruanda, Nicaragua und Äthiopien unterwegs. Länder, in denen eine Infrastruktur zur Trinkwasserversorgung weitgehend fehlt. "Trotzdem werden jedes Jahr unglaubliche Mengen an Wasser verschwendet", sagt Weskott. Mit Hydrophil wollen er und seine beiden Kollegen gegensteuern. Zumindest soweit das dem kleinen Hamburger Öko-Unternehmen möglich ist.

Ein Beispiel für wassersparende Produktion ist die Bambus-Zahnbürste, das Aushängeschild des Online-Shops. Die Bambus-Pflanzen werden nicht künstlich bewässert. "Bambus wächst außerdem sehr schnell und bindet extrem viel Kohlenstoffdioxid", erklärt Weskott die Materialwahl. Zudem werden keine Pestizide und Düngemittel benötigt. Mittlerweile gibt es die Zahnbürste in Grün, Rot, Blau und naturfarben, wahlweise mit Zahnbecher und Zahnpasta und im Family-Pack.

Die Jungunternehmer wollen demnächst auch Kaffee verkaufen. Normalerweise benötigt ein Kilogramm konventioneller Röstkaffee circa 21 000 Liter Wasser. Der von Hydrophil hingegen laut Weskott gar keines, zumindest im Anbau und in der Produktion. Der Kaffee kommt aus dem Hochland von Panama, einer regenreichen Region mit mildem Höhenklima. Zudem lassen die Bauern die Kaffeebohnen in der Kaffeekirsche eintrocknen. Konventionelle Anbieter waschen die Bohnen mit Wasser raus. "Das führt zu einer hohen Verunreinigung des Wassers. Darauf wollen wir gezielt verzichten", sagt Weskott.

Bevor der 29-Jährige Hydrophil, das so viel wie wasserliebend bedeutet, gründete, war er Geschäftsführer einer Konditorei in Hamburg. Ein Familienbetrieb, den seine Großeltern aufgebaut hatten. "Seitdem ich zehn Jahre alt bin, habe ich immer irgendwie mitgearbeitet", erklärt Weskott. "Nach meinem Studium zum Diplom-Kaufmann wollte ich erst einmal was anderes machen." Aber es kam anders. Im selben Jahr zündete jemand einen Motorroller an, der vor der Konditorei stand . Das Feuer schlug über. Die Filiale brannte aus. Weskott sprang ein. Wieder einmal.

Zwei Jahre arbeitete der gelernte Diplom-Kaufmann als stellvertretender Geschäftsführer in der Konditorei. Irgendwann war das Familienunternehmen aus dem Gröbsten raus und die Filiale wurde wiedereröffnet. Vergangenes Jahr verkaufte sein Onkel die Konditorei, um auf unbestimmte Zeit eine Weltreise zu machen. Für Weskott war klar, dass er von nun an sein Geld mit etwas verdienen wolle, das wirklich von Bedeutung ist. Zwischendurch legte er einen kurzen Stopp bei einem anderen Öko-Start-up ein.

Mittlerweile läuft Hydrophil so gut, dass er den Job an den Nagel hängen könnte. "Auch wenn wir damit sicher keine Millionäre werden." Und die Familie? "Klar haben viele erst einmal verständnislos reagiert. Gerade als die Idee der Bambus-Zahnbürste aufkam. Da haben meine Großeltern schon ein bisschen komisch geguckt. Aber letztlich finden sie gut, dass ich meinen eigenen Weg gehe."

© SZ vom 26.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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