Nahaufnahme:Wall Street im Vorort

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"Mein Vater hat sein Hobby zum Beruf gemacht, warum sollte er das früher als nötig aufgeben?" Nico Baader. (Foto: oh)

Uto Baader übergibt die Baader Wertpapierbank an seinen Sohn Nico. Der kennt das Geschäft von Kindesbeinen an.

Von Meike Schreiber

Wenn einer 45 ist, aber schon 30 Jahre Erfahrung im Bank- und Börsengeschäft vorweisen kann, dann muss das besondere Gründe haben. Bei Nico Baader war es zum einen die günstige Lage der Schule: Nur fünf Minuten Fußweg war diese von der Börse München entfernt, die Anfang der 80er-Jahre noch am Lenbachplatz residierte. "Wenn ich um 12 Uhr Schule aus hatte, bin ich direkt aufs Börsenparkett gelaufen und habe dort mitgeholfen", erinnert sich Nico Baader.

Und natürlich lag das auch an seinen Eltern. Denn dort assistierte er seinem Vater Uto, 71, der Anfang der 80er-Jahre seine ersten Schritte als Börsenmakler wagte. Heute ist er einer der Granden des Münchner Finanzplatzes. "Das Unternehmen bestand damals im Grunde aus meinem Vater, meiner Mutter und mir", sagt Nico Baader. Gerade einmal drei Aktien betreute der kleine Familienbetrieb zu Beginn - Titel aus Nordamerika, womit Baader eine Art Pionier war. Sohn Nico brachte die per Telex verschickten Aufträge der Banken zu den anderen Maklern.

Inzwischen ist die Börse München vom Lehnbachplatz an den Karolinenplatz gezogen, der Handel längst vollelektronisch und die Baader Wertpapierbank eine mittelständische Investmentbank. Rund 500 Mitarbeiter zählt sie, die Zentrale in Unterschleißheim bei München wird flankiert von Standorten in Frankfurt, Zürich, London, New York. Sohn Nico war - mit Ausnahme seiner Banklehre bei der Bayerischen Vereinsbank - immer mit dabei, erlebte nicht nur mehrere Börsencrashs hautnah, sondern auch die Finanzkrise.

Aber weil kaum ein erfolgreicher Unternehmensgründer früher als nötig seine Geschäfte abgibt, übernimmt Nico Baader erst jetzt die volle Verantwortung von seinem Vater, der - wie die Bank diese Woche mitteilte - im Juli in den Ruhestand geht, womit er wohl einer der dienstältesten Bankchefs Deutschlands ist. "Mein Vater hat sein Hobby zum Beruf gemacht, warum sollte er das früher als nötig aufgeben?", sagt Nico Baader. Und natürlich sei eine Lichtgestalt wie sein Vater, die es für jede gute Unternehmensgründung brauche, "für die Leute rundherum nicht immer einfach". Aber er habe ja 30 Jahre Zeit gehabt, sich daran zu gewöhnen, irgendwann die Unternehmensführung zu übernehmen. Als Vorstand bestimmte er zudem ab 2009 die Entwicklung wesentlich mit.

Zum Beispiel im Investmentbanking, das der Sohn zunächst in der Selbständigkeit außerhalb des Unternehmens, dann aber wieder im elterlichen Betrieb vorantrieb. Denn nicht mehr nur im Aktienhandel sind die Baaders heute unterwegs, sie helfen auch, wenn Unternehmen Anleihen und Aktien begeben, wie unlängst die Leasingtochter des Autovermieters Sixt.

Die Kunst besteht darin, den Unternehmen zu erklären, warum es Aktien begeben sollte. Ist das geschafft, heißt es Investoren abklappern - ein hartes Geschäft, für das man gute Beziehungen braucht und mit Konkurrenz leben können muss. Dazu gehört zum Beispiel die angriffslustige Hamburger Privatbank Berenberg oder das Bielefelder Bankhaus Lampe, es gehört zur Oetker-Gruppe. Nötig sind auch eigene Analysten, die die Unternehmen bewerten. Während viele andere Banken diese Abteilungen nach der Krise abbauten, baute Baader auf. Solide Zahlen geben der Bank vorerst recht.

In dieser Nische will der Sohn nun weiter wachsen. Und eines ist klar: Wenn er sich dafür so viele Jahre Zeit nimmt wie sein Vater, dann können sich seine drei Kinder in Ruhe entscheiden, ob sie die kleine Banken-Dynastie eines Tages fortführen wollen. Mitarbeiten müssen sie jedenfalls noch nicht. "Meine Kinder sollen erst mal ihren eigenen Weg gehen", sagt Nico Baader.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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